Mittwoch, 24. Januar 2018

Sie haben gestaunt, Ursula und Hertha, Lisbeth, Maria und die anderen. Mit ihren grauen und weißen Locken, den Brillen und Blümchenkleidern sitzen sie zu zwölft an der langen Tafel in Gemeindehaus. Dass sowas in der Bibel steht! Kleine Texte aus dem Hohelied der Liebe haben sie zusammen gelesen und sich gewundert über diese Bibel. In ihren 73 und 79, 81, 88, 65 Jahren hatten sie noch nie solche Worte aus der Bibel gehört. Jetzt, zum Schluss, geht noch ein Schild herum. Sie sollen den Satz zu Ende bringen: „Ich singe (k)ein Lied auf die Liebe, weil…“. Waltraud, sie ist als Einzige ledig geblieben, greift es als erste. Leicht errötend sagt sie ohne zu überlegen …“sie so schön ist.“ Hertha stockt. „Ich sing ein Lied auf die Liebe…“ Sie stockt wieder. Sie schluckt. Eine Träne kullert. „weil das Leben doch sonst ganz sinnlos wäre…“, flüstert sie. Lisbeth übernimmt das Schild, Waltraud greift kurz Herthas Hand.  „.. sie so wundervoll ist“, „sie mein Leben so schön macht“, „die Erde sonst öd und leer wäre“, „weil ich viele Nächste habe…“, sagen die anderen. Ursula ist schon 87. Sie schmunzelt. Holt Luft. „Weil ich verliebt bin!“, platzt sie raus. Alle lachen mit ihr. „…sie gesund macht,“, sagt Maria. Dann kommt Helene. Sie sitzt da in schwarz. „Ich singe ein Lied auf die Liebe, weil ich jetzt alleine da sitze und weiß wie wertvoll Liebe ist.“, sagt sie. Dann kommt Karin. Sie ist die Jüngste. „Ich singe kein Lied auf die Liebe.“ Sie schaut traurig nach unten. „Sie macht so viel Schmerz.“ Es ist leise. Neben ihr sitzt ihre Enkelin. Die bringt sie manchmal mit. „Ich singe ein Lied auf die Liebe, weil meine Haustiere mich einfach so lieben.“ sagt sie mit zarter Stimme. Und dann klingt eine schöne Musik und alle essen von den Pralinen mit dem Namen „Alte Liebe“ und sie kichern ein wenig. Und Renate erzählt noch, wie sie früher mit dem Schlitten die Straße vorm Gemeindehaus herunter gesaust sind und einmal war Hertha der Schlitten und sie saß oben auf ihr drauf und sie landeten zusammen im Bach. Sie lachen schon wieder und ihre Stimmen sind heute hell, wie die junger Mädchen.



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