Sonntag, 28. März 2021

Predigt an Palmarum 2021

                            Von Eseln und der Zuversicht...



Eines Tages - es ist vor dem Passahfest - zieht Jesus in Jerusalem ein.                                                  

Er kommt auf einem Esel. 

Es schaukelt und hoppelt auf dem Eselsrücken.

Manchmal bleibt sie stehen und knabbert irgendwo.

Da wäre es ja beinahe zu Fuß schneller gewesen. 

Seine Beine hängen fast bis auf die Erde. 

Jesus spürt ihre Wärme. 

Und ihre Treue. 

Er sieht die klugen Augen. 

Er mag Esel. 

Diese hier ist ein besonderes Exemplar.

Dennoch. 

„Ach, Vater“, denkt er,

„nun hast du mir nur diesen Esel gegeben.

Es hätte auch anders sein können.

Aber jetzt sitze ich darauf.

Auf diesem schaukelnden Wesen.

Das mich klein macht.

Und noch unbedeutender.

Wer kennt schon die alten Schriften noch, 

die von einem Erlöser auf einem Esel berichten?

Sieger sehen anders aus.

Die Leute, die mir heute zujubeln,

werden mich morgen verurteilen.

Ich kann dieser Situation nicht entkommen.

Ich reite wie zu meinem eigenen Schafott, 

ich kann es nicht ändern.

Vater, hast du einen Plan?“

Jesus reitet weiter auf diesem Esel, in das, was kommt.

Er glaubt an Gottes Pläne.


„Der Glaube“, 

schreibt jemand wegen Jesus irgendwann später,

„ist eine feste Zuversicht

von etwas, das man hofft

und das man gar nicht sehen kann.“


„Ach, Gott,“ denkt sie,

„nun hast du mir diese Krankheit gegeben,

Es hätte auch anders sein können.

Ich werde mit ihr durch die nächsten Zeiten gehen und

kann nicht entkommen.

Stur muss ich auf ihrem Rücken vorwärts ziehen. 

Nach jedem vergangenen Tag kommt ein neuer, 

der mich die Krankheit spüren lässt.

Auf dem Rücken der Krankheit sieht die Welt anders aus.

Ich bin so entfernt von den anderen.

Gott, Was ist dein Plan?“

Sie geht weiter in jeden neuen Tag,

vielleicht glaubt sie an einen Plan.

Der Glaube ist eine feste Zuversicht…


„Nein,“ denkt er,

„Nicht am Spiegel vorbei.“ Nicht heute.

Das würde ihm den letzten Mut nehmen.

Er streift das extra weite Shirt über.

„Ach, mein Gott,“ denkt er,

„nun hast du mir diesen Körper gegeben, dass ich mit ihm durch mein Leben kreuze. 

Es hätte auch anders sein können.

Ja, schon, er fühlt sich warm an und vertraut und doch macht er mich klein und unbeliebt. Gewinner sehen anders aus. Ich sehe die Augen der anderen auf diesem Körper und es ist mir peinlich, unangenehm. Ich kämpfe damit. Mein Gott, Was ist dein Plan?“

Er kann nur weiter gehen MIT diesem Körper.

Vielleicht glaubt er.

Der Glaube ist eine feste Zuversicht…


„Ach man,“ brüllt sie im Garten,

weit draußen bei den Obstbäumen,

wo niemand sie hört 

und nur noch das weite leere Feld kommt.

„Ach man! Wieso bin ich so alleine?

Nun hast du mir die Einsamkeit gegeben.

Es hätte auch anders sein können,

findest du nicht?

Ich stolpere mit mir einsam durch meine Tage.

Es gibt schon welche, die sich freundlich um mich bemühen, aber es macht die Sache nicht besser.

Ach, Gott, was ist dein Plan?

Sie läuft stockend weiter so alleine,

manchmal glaubt sie an jemanden.

Der Glaube ist eine feste Zuversicht….


„Ach…“, steigt es in ihm hoch, als er den letzten Putzlappen des Tages in den Eimer pfeffert. „Ach… nun habe ich diese Arbeit und sie ist nichts wert, wie ein Putzlappen so betrachtet man mich. Es hätte auch anders sein können.

Ich bin nichts wert in ihren Augen. Andere sind stolz und bedeutend. Ohne mich ginge es gar nicht und doch beachtet mich niemand. Er macht weiter mit dem was er tut. Manchmal glaubt er, es könnte sich alles ändern.

Der Glaube ist eine feste Zuversicht….



Ein Esel.

Ein grauer Rücken.

Fakten deines Lebens auf denen du reitest.

Dein Leben ist warm und dir vertraut.

Es ist irgendwie treu,

du kennst die Augen deines Lebens von Anfang an.

Manchmal schaukelt es und bockt.

Es gibt kein anderes Leben.

Es zieht in Treue seinen Weg mit dir.

Unsichtbar

Wie ein Esel Gottes.

Andere teilen deinen Weg.

Sehen von außen wie wunderbar du bist.

Sehen was du nicht siehst.

Manche stehen dir im Weg,

manche bereiten dir den Weg.


Und der Glaube?

Der Glaube ist eine feste Zuversicht

von etwas das man hofft.

Die Hoffnung ist ein warmer Eselsrücken,

der verrückterweise trägt.

Dich wärmt. Den Weg kennt.


Wenn ich also gefragt würde, wo Gott war, als Jesus in Jerusalem einzog….

 

Möglicherweise war Gott ein Esel - nur das wusste da niemand und auch uns ist es verborgen.

Möglicherweise ist er immer ausgerechnet dort, 

wo er das schwerste Gewicht des Tages tragen müsste:

- diesen Menschen mit Augen und Mund, Seele und Gemüt und sein Herz. 

- mich mit Augen und Mund, Seele und Gemüt und mein Herz. 

 

Das ist doch möglich.... Amen.


Und der Friede Gottes, der höher ist als unsre Vernunft, der halte unsern Verstand wach und unsre Hoffnung groß und stärke unsre Liebe. Amen.



 

Psalm 69 im Jahr 2021

Gott, hilf mir! Mein Alltag drückt mir auf die Brust.
Ich verliere den Faden. Ich finde mich nicht mehr zurecht.
Die Welt scheint sich aufzulösen.
Mir schwimmen wichtige Teile meines Lebens davon.
Das nimmt mir die Lebensfreude.
Das dreht die Flamme meiner Energie immer kleiner.
Ich habe mich müde gehört an all den Prognose.
Meine Stimme ist erschöpft von all den Diskussionen.
Mein Geist hat genug von all der Akrobatik immer neuer Zustände.
Meine Augen haben Sehnsucht nach dem Meer und können das kleine Glück nicht mehr sehen.
Weil alles so lange dauert.
Weil alles so gegen mein Leben läuft.
Weil so vieles ohne mich entschieden wird.
Lass mich nicht kleben bleiben an den Nachrichten des Tages.
Lass die Dinge keine Gewalt haben über meine Seele. 
Lass mich nicht gewöhnen an Abstand und Ferne und traurige Sehnsucht. 
Höre auch meine Wut und meine Zerschlagenheit!
Ich will sie nicht mehr.
Sieh an, wie fremd mein Leben geworden ist.
Ich sehne mich zurück.
Spüre du meine ungeweinten Tränen, die mir peinlich sind,
weil ich ja noch lebe. 
Komm doch, du, Gott, komm, Geistkraft, mit deiner guten Hilfe.
Ich bete zu dir in dieser Zeit. 
Sieh meine innere Not.
Lass nicht die Traurigkeit mein Herz besetzen.
Verbirg das Leben nicht vor meinen Augen. 
Hol mich heraus aus Selbstmitleid und Bitternis. 
Lass mich deinen Trost schmecken
und deinen Himmel atmen.
Meine Hände wollen keine Schwere mehr tragen. 
Mein Mund will lachen und singen,
meine Füße tanzen und schlendern.
Mein Herz will aufleben.
Mein Leben will sich regen.
Ich habe das Ausharren satt.
Es tut gut, das jetzt loszuwerden.
Du kannst mir helfen, Gott:
meinen Tränen und meinem Geist,
meinem Körper, der Seele, den Händen, dem Gemüt,
den Augen, meinem Mund
und meinem Herzen. Amen.

.... Gott gibt sich in Deine Hände...

 Predigt über "Geistwasser"  im Universitätsgottesdienst der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg im Rahmen der Predigtreihe...