Samstag, 30. September 2023

... dankbar-sein reicht mir dieses Jahr nicht

Predigt zum Erntedanktag 2023 




Was nah ist und was ferne

von Gott kommt alles her,

der Strohhalm und die Sterne,

der Sperling und das Meer.

Mich, rufen sie, hast du gemacht,

lehre mich nun auch die Wege

das, was Dein ist, wie von dir gedacht

zu teilen und zu hegen!


Hört den Predigttext für den Erntedanktag.

er holt uns etwas heraus aus dem Loben und artigen Danken,  

den Erntefreuden und dem milden Verteilen und aller Freude über das, was wir Haben: 

 

Einer aus der Volksmenge aber sprach zu ihm: Lehrer, 

sage meinem Bruder, dass er das Erbe mit mir teilt! 

Jesus aber sprach zu ihm: 

Mensch, wer hat mich als Richter oder Erbteiler über euch eingesetzt? 

Er sprach aber zu ihnen: Seht zu und hütet euch vor aller Habsucht! 

Denn auch wenn jemand Überfluss hat, besteht sein Leben nicht aus seiner Habe. 

Er sagte aber ein Gleichnis zu ihnen und sprach: 

Das Land eines reichen Menschen trug viel ein. 

Und er überlegte bei sich selbst und sprach: Was soll ich tun? 


..

Und was ist,

wenn das Erbe zu schwer wiegt?

Für die, die es bekommen würden?

Was, wenn unsere Kinder

dieses Erbe gar nicht wollen?

Junge Generationen treten hervor in diesen Tagen.

Sie fragen uns leidenschaftlich nach dem Erbe,

das wir gerade hinterlassen.

Einer aus der Volksmenge aber sprach zu ihm: 

Lehrer, sage meinem Bruder, dass er das Erbe mit mir teilt! 

Er aber sprach zu ihm: 

Mensch, wer hat mich als Richter oder Teiler über euch eingesetzt? (…) 

Seht zu und hütet euch vor aller Habsucht! 

Denn auch wenn jemand Überfluss hat, besteht sein Leben nicht aus seiner Habe.

 

Jamaika wird am 20. Dezember so viele Rohstoffe verbraucht haben, 

wie für ein Land seiner Größe pro Jahr zur Verfügung stehen. 

Wir in Deutschland hatten dieses Datum in diesem Jahr bereits am 4. Mai erreicht. 

Bis Ende des Jahres haben wir dreimal so viel, 

wie uns eigentlich zur Verfügung steht, verbraucht. 

Oder mit anderen Worten: lebten alle auf der Erde mit einem Verbrauch wie wir, 

bräuchte es drei Erden, um den jährlichen Bedarf zu tragen.


...

Und was,

wenn das Erbe zu schwer wiegt?

Was, wenn unsere Kinder dieses Erbe unseres Tuns und Nichttuns nicht wollen?

Junge Generationen treten hervor in diesen Tagen.

Sie haben den letzten Buchstaben des Alphabets 

in der Bezeichnung der Generationen bekommen: 

Generation „Z“. Irgendwie ein tragischer Buchstabe.

Sie fragen uns nach dem Erbe,

das wir hinterlassen.

Womöglich würde ich es an ihrer Stelle auch nicht haben wollen.

Stell Dir vor, jemand würde Dir ein Haus vererben wollen 

und du darfst es nicht ablehnen, in dem alle verstritten sind, 

das hoch verschuldet ist, aus dem alles heraus geholt, 

aber nichts hinein gesteckt wurde. Würdest Du das haben wollen?

 

Einer aus den jungen Generationen aber trat hervor und sprach: 

"Herr, sagt doch, dass die vor mir das „erben-wollen“ mit mir teilen!"

Mensch, sagt der:

ich bin nicht Dein Richter oder Erbteiler.

Dies ist Euer gemeinsames Erbe.

Wann wirst Du verstehen, dass Dein Leben nicht nur aus Deiner Habe besteht?

„Sag doch meinem Bruder, dass er besser teilt!“

Nein, sagt Jesus, das ist nicht mein Job.

Ich bin nicht der Schiedsrichter und Aufteiler.

Du hast alles, was Du selbst dafür brauchst.

Du bist kein Opfer Deiner Habe.

Es ist dir gesagt Mensch, was gut sei:

es ist verrückt alles für sich selbst behalten zu wollen!


Er sagte aber ein Gleichnis zu ihnen, 

und in dem Gleichnis ging es auch um einen, der vererben würde, eines Tages,

und sprach: Das Land eines (sowieso schon) reichen Menschen trug viel ein. 

Und er überlegte bei sich selbst und sprach: Was soll ich tun?

Was hätte er womöglich alles tun können mit diesem Reichtum…

Und er überlegte bei sich selbst und sprach: Was soll ich tun? 

Denn ich habe nicht, wohin ich meine Früchte einsammeln soll. 

Und er sprach: Dies will ich tun: 

Ich will meine Scheunen niederreißen und größere bauen 

und will dahin all mein Korn und meine Güter einsammeln; 

und ich will zu meiner Seele sagen: 

Seele, du hast viele Güter liegen auf viele Jahre. 

Ruhe aus, iss, trink, sei fröhlich!

Gott aber sprach zu ihm: Du Tor! 

In dieser Nacht wird man deine Seele von dir fordern. 

Was du aber bereitet hast, für wen wird es sein? 

So ist, der für sich Schätze sammelt und nicht reich ist im Blick auf Gott.



„Liebe Seele nun hast du Ruhe“ sagen können,

wie wunderbar!

Ausruhen, essen, trinken, fröhlich sein:

das wünsche ich mir auch.

Und Gott wünscht mir das auch. Das glaube ich.

Und obwohl es ein passender Spiegel ist,

uns als Sammlerinnen und Sammler zu sehen 

(ich muss nur in meine eigenen Schränke schauen),

lese ich diese Geschichte immer mit einem mulmigen

etwas genervten Gefühl.

Sie ist für mich die klassische Schlechtes-Gewissen-Nummer von der Kanzel 

und moralische Augenbraue für meinen Alltag in einem reichen Land.

Sie produziert einen unangenehmen Moment, etwas von Ertappt-sein-sollen.

Meinen eigenen reichen Kornbaueranteil.  

Wie komme ich ehrlich darüber hinaus?

Schlechtes Gewissen, so ahne ich wachsend, reicht mir nicht mehr. 

Weder für mich noch für andere.

Und das schlechte Gewissen bohrt an der Stelle, 

wo ich das alles weiß und und mein Versuch, 

meine Lebensgewohnheiten zu ändern, 

lediglich darin besteht, auf Papiertüten umzusteigen. 

 

Wie komme ich darüber hinaus?

Wie kann ich ehrlicher hören,

was ich persönlich hier gefragt werde:

Hängt dein Glück am Viel-haben?

Wie wenig könntest du aushalten zu haben?

Was wärst Du freiwillig bereit abzugeben?

Glaubst Du an die Wirksamkeit Deines Lebens,

wo erstmal nur Du Deinen Alltag ändern würdest?

Auf einer Skala von 1-10 wie wahrscheinlich ist es, 

dass Du wirklich grundlegend etwas 

an deinem Konsum und Lebensstil und Denken änderst?


Vielleicht läge ehrliches und wahrhaftiges Einlassen auf diese Fragen darin, 

meinen Blick VON GOTT wenden, umkehren zu lassen.


Eine erste Wendung wäre der Blick auf die die erben werden. 

Was du aber bereitet hast, für wen wird es sein? fragt Gott.

Die nächste Generation, die die jetzt noch Kinder sind 

- die nach der Generation Z - nennen die Forschungsinstitute übrigens: 

Generation Alpha. 

Vielleicht kann doch ich hilfreich sein, 

dass es Neuanfänge im Leben mit diesem Planeten gibt? 

Vielleicht brauchen sie auch meine Leidenschaft?


Eine zweite Wendung wäre der Blick auf die Tatsache, 

dass niemand außer mir selbst Schritte gehen kann.

Gott sagte zu ihm: 

›Du Narr, noch in dieser Nacht werde ich dein Leben von dir zurückfordern!

„Dein Leben“ sagt Gott: Dein Leben! 

Du bist frei zu handeln, sogar, Dich zu beschränken.


Und: „So ist, der für sich Schätze sammelt und nicht reich ist im Blick auf Gott.“ 

kritisiert diese Gottesstimme. Das wäre die dritte Wendung: 

Mich an Gottes Blickfeld zu erinnern, das wie ein Zoom heraus aus meinem Leben geht, 

um das Ganze zu sehen. 

Zu sehen, wie auch ich zusammen hänge mit allem Leben auf dieser Welt. 

Der Blick auf alles, der mir hilft zu erkennen: 

es ist für alle genug da, es ist uns ja gegeben.

Reich sein in Gott heißt auch noch: 

Meine Sicherheit liegt nicht in Dingen, sicher ist mir Gott.

 

Reich sein bei Gott ist Deine Aufgabe für diese Woche. 

Probiers doch mal.

Lass Dich erhlich anrühren.

Das ist der Anfang, wenn Du Dich bewegen lassen willst. Amen.

 

Und der Friede Gottes, der höher ist als unsere Vernunft, 

der halte unsern Verstand wach und unsre Hoffnung groß 

und stärke unsre Liebe.


 

            (Foto oben: M.Schreiber)


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