Sonntag, 25. März 2018

Was Kinder können
Im Zug.
Direkt neben mir.
Eine junge Mutter mit ihrem Kind.
"Mama? Ich möchte dir jetzt eine schöne Geschichte erzählen."
"Hör auf mit der Scheiße!"
"Sie beginnt mit: Es war einmal ..."
"Mann! Was ist 5 x 7 ??"
"... da war eine schöne Prinzessin ..."
Mutter holt ihr Handy raus. "Phhh!"
Kaut Kaugummi.
Hört nicht mehr zu.
Hört nicht mehr
vom Einhorn
und den silbernen Bergen,
von der Wunderblume
und der Hochzeit.
Das kleine Mädchen erzählt nur für sich selbst.
Erzählerin ohne Zuhörer.
Worte ohne Widerhall.
Aber innen.
Da gibt es eine glitzernde Wiese
und dort kann sie fliegen
und
Hunderte hören ihr zu.
Dazu schaukelt sie mit den Beinen
neben mir.


Predigt für die Klasse 9a und alle anderen Klassen
beim Schulgottesdienst des Gymnasiums in Meiningen
am 23. März 2018

Die Jugendlichen hatten entschieden,
Das letzte Abendmahl von Da Vinci nachzustellen,
die Geschichte dazu aus der Bibel zu lesen
und dann eine Szene zu spielen, einfach sie selbst, montags, erste Stunde....





Klasse 9a!
Was würde wohl Jesus zu euch sagen?
Klasse 7 und 11 und 6 und die Fünften und 9b die Zehner, Achter, Zwölfer…
was würde Jesus wohl zu EUCH sagen?

Gelingt euch Gemeinschaft?
Ich meine, darum ging es ja bei Jesus an diesem Tisch.
Nocheinmal seinen Freunden zeigen,
wie stark Gemeinschaft machen kann
und auch sozusagen als Kennzeichen der Leute, die zu Jesus gehören.
Also: Gelingt sie euch? Gemeinschaft?
Oder wie ist das mit denen, die immer sagen,
sie wollen unbedingt zu Mac´ns
oder 5 km wandern?
Und mit den Leuten, von denen ihr sagt:
Boah der hat voll ne Macke
So ein Depp
Die nervt total
Man, wie uncool?
Wie schafft ihr es mit solchen eine Gemeinschaft zu sein?
Gar nicht? Manchmal?
Wenns drauf ankommt?

Und ihr Lehrer? 
Wie gelingt es euch denn,
miteinander Gemeinschaft zu leben, 
- so als Kollegen?
Steht da Strickjacke gegen Jacket
und 
klassische Strenge gegen „Offenes Konzept“?

Und mit den Schülern 
gemeinsam zu sein,
mit den unbequemen und den netten 
gleichermaßen?
Gelingt euch das?

- an dieser Schule,
auf der fett und dick „Evangelisch“ drauf steht
… die also irgendwas mit Jesus zu tun hat?

Wir hier vorne haben die letzten Wochen 
über diese Tischgemeinschaft hier nachgedacht.
Wir haben überlegt,
wer eigentlich an dem Tisch sitzen könnte, 
wenn Jesus heute da sitzen würde.
Wer dürfte da bei Jesus sitzen?
Wen würde er fragen?

Es sind uns eine ganze Menge Leute eingefallen.
Die so sind, wie auch die Freunde von Jesus waren:
Ganz Normale und
Schräge Typen und
Außenseiter und
Chefs
- ALLE Möglichen

Und das hier ist draus geworden!
Ihr, Klasse 9a, habt gesagt:
Erstmal setzen WIR uns daran.
Das finde ich stark!
Ihr habt euch gespielt, wie ihr so seid.
Denn 
andere Leute hat Jesus hier nicht,
als uns.
andere Leute hat Jesus hier nicht,
als uns.

Es gibt hier etwas zu tun für uns.
Denn:
Manchmal kriegen wir das gut hin miteinander.
Das fühlt sich gut an.
Aber:
Manchmal fallen welche raus aus der Gemeinschaft.
Das ist blöd.

Die Jünger Jesu heute,
das sind wir!
Klasse 9a, 
das habt ihr uns gezeigt.
Wir sind die
die die Sache von Jesus weiter machen können.

Würdet ihr sagen, 9a,  eure Klasse ist die Beste? (Antwort?)
Andere Klassen, die meinen wir sind die Beste? (Antwort?)

Ich glaube, die eigene Klasse ist immer die Coolste.
Wenn ihr das sagen könnt:
Unsere Klasse ist die Beste überhaupt,
wir halten richtig zusammen!
Dann habt ihr schon viel richtig gemacht.
Wenn ihr das nicht sagen könnt,
dann überlegt zusammen,
was euch da noch fehlt.
Ich glaube, da kann man was machen.
Und ihr Lehrer!
Wenn ihr der Meinung seid,
das ist noch nicht so das Team wie es sein soll
das ist noch nicht so, wie ihr immer schon arbeiten wolltet
dann überlegt, woran es noch fehlt.

Ihr kennt das alle vielleicht auch aus eurem Freundeskreis:
jemanden auszuhalten, der so ganz anders ist als ich selber
der überhaupt nicht so rein passt
ist nicht so einfach.
Nicht einfach ist es, 
SO verschieden zu sein 
- und gemeinsam.

Drinnen oder Draußen sein
- das ist doch hier die Frage.
Wenn man drinnen ist,
geht es einem gut
- wenn man mit am Tisch sitzen darf.
Draußen zu sein,
nicht dazu gehören,
ist echt 
großer Mist.


Zu Jesus durften alle kommen.
Es sind nicht alle gekommen,
aber die, die wollten.
An seinem Tisch saßen die,
die es wirklich wollten,
und jeder, der es wenigstens versuchen wollte,
wie Jesus zu leben
- auch wenn der Versuch noch so klein war.
Wie Jesus Gemeinschaft "gemacht" hat?
Jesus hat sich für sie interessiert,
hat ihnen halt nochmal eine Chance gegeben.
Der ließ mit sich reden.
Keiner war abgestempelt für immer.

Das, was Jesus uns hinterlassen hat,
ist die Idee von einer Gemeinschaft
die uns stark machen kann.

Die Frage ist also,
ob wir es schaffen, den andern auszuhalten
und ihn auch mal so sein zu lassen, wie er ist,
ob ich bereit bin, so eine Gemeinschaft 
- die mich tragen kann -
zu machen
mit anderen
und dran zu bleiben
auch wenns mal kompliziert wird.
Um Jesu willen.

Denn 
andere Leute hat Jesus nicht,
als uns. 
Amen


Samstag, 10. März 2018

Predigt zum Sonntag Lätare


Evangelium predigen auf jede Weise.

(Glocke.)Liebe Gemeindeglieder.Ihr Jesusjünger.Ihr Nachfolger.Liebe Freunde.Der Chef ist weg.Der uns so lebhaft von Jesus erzählt hat.Der mitreißende Predigten hielt und der so lebhaft und kraftvoll unseren ganzen Haufen zusammen gehalten hat. Der so viele Männer und Frauen und Kinder zur Gemeinde dazu brachte und immer gute Wort hatte für die, die schlechte Zeiten erlebte mussten.Der unser Geld verwaltete und uns anhielt, unsere Habe mit anderen zu teilen. Der uns das vorlebte, was christlicher Glaube heißen könnte. Und nun ist er nicht mehr da. Liebe Freunde, ich muss euch mitteilen:Paulus wurde gefangen genommen. Wir sind ohne Leitung, ohne Pfarrer, ohne den, der sagt, was dran ist, ohne den, der so schön predigen kann. Was nun? Keine Gottesdienste mehr, bis Paulus aus dem Gefängnis kommt? Oder einfach selber welche machen? Selber predigen? Kann das einfach jeder? Ähm. Jemand von euch? Freiwillige?


Achja. Es gibt noch Post für uns.Predigen kann ich nicht, aber ich lese uns mal den Brief vor.


„Liebe Freunde. Ihr sollt wissen, Brüder und Schwestern, dass meine Gefangenschaft sogar zur Verbreitung der Guten Nachricht beigetragen hat. Die Beamten am Sitz des Statthalters und alle, die meinen Prozess verfolgt haben, wissen jetzt, dass ich angeklagt bin, weil ich Christus diene. Und gerade weil ich im Gefängnis sitze, sind die meisten Brüder und Schwestern hier am Ort durch den Beistand des Herrn voller Zuversicht und getrauen sich, die Botschaft Gottes nun erst recht und ohne Furcht weiterzusagen. Manche tun es zwar, weil sie neidisch sind und mich ›ausstechen‹ wollen; aber andere verkünden Christus in der besten Absicht. Sie tun es aus Liebe zu mir; denn sie wissen, dass Gott mich dazu bestimmt hat, vor Gericht die Gute Nachricht zu verteidigen. Die anderen allerdings verbreiten die Botschaft von Christus in unehrlicher und eigennütziger Absicht. Sie wollen mir in meiner Gefangenschaft Kummer bereiten. Wie es auch ausgeht: die Zukunft heißt Christus. Aber was macht das? Ob es mit Hintergedanken geschieht oder aufrichtig – die Hauptsache ist, dass Christus auf jede Weise verkündet wird. Darüber freue ich mich; aber auch künftig werde ich Grund haben, mich zu freuen. Denn ich weiß, dass meine Gefangenschaft – gleichgültig, wie sie endet – letztlich zu meiner Rettung führen wird. Das verbürgen mir eure Gebete und Jesus Christus, der mir durch seinen Geist beisteht. Ich hoffe und erwarte voller Zuversicht, dass Gott mich nicht versagen lässt. Ich vertraue darauf: Auch jetzt, so wie bisher stets, wird Christus in aller Öffentlichkeit groß gemacht werden durch das, was mit mir geschieht, ob ich nun am Leben bleibe oder sterbe. Denn Leben, das ist für mich Christus; darum bringt Sterben für mich nur Gewinn. Euer Paulus.“


(Stille.)

"Wie es auch ausgeht: die Zukunft heißt Christus!" !?Typisch Paulus. Optimistisch bis in die Fußnägel und das obwohl es kaum noch Grund dafür gibt.Ich meine, ich will Paulus keinen Kummer machen.Er schreibt: „Die Hauptsache ist, dass Christus auf jede Weise verkündet wird.“Was heißt denn Christus verkündigen? WIR jetzt? Echt?Wer darf Jesus, wer darf Gott unter die Leute bringen?Kann das einfach jeder? Ich bin verunsichert, Freunde. Ich dachte, dass Paulus im Gefängnis ist, das ist unser Ende. Und er? Er schreibt, dass dadurch alles noch besser wird. Versteh ich nicht. Weil man was an ihm sehen kann? Weil man an ihm sehen kann, dass er…. dass er - was? Bereit ist, alles für Jesus auszuhalten? Meint er das? Er verbreitet das Evangelium als Gefangener? Weil er Gefangener ist? Oder weil er sogar stirbt?Und wir? Ich meine, wir kommen doch immer hierher, um von Jesus zu hören von einem , der sich damit auskennt. Der das gelernt hat. Das ist doch Paulus seine Aufgabe. Das können unmöglich wir machen! Ich wüsste nicht, wie wir… wie ich….Und wenn wir was Falsches sagen? Wenn wir es falsch ausdrücken? Welches Wort Gottes zu welchem Zeitpunkt? Und so, vor anderen Leuten…
"Wie es auch ausgeht: die Zukunft heißt Christus." Ich meine, wenn ich jetzt so darüber nachdenke… wenn wir nicht über Jesus reden, wer dann? Also ich meine: mit den Leuten. Mit den da draußen. Die wir jeden Tag sehen. Paulus kann niemals mit denen allen reden. Die kommen ja auch nicht in unsere Versammlung. Von daher…. wenn die das hören… echt mal. Wenn die das hören, dass der Paulus sich hat gefangen nehmen lassen für unseren Glauben. Das schlägt doch ein wie eine Bombe in unserem kleinen Ort. Das wäre so, als würde ich mich zu den Aussätzigen da unter in der Straße stellen. A… aber das meint doch Paulus hoffentlich nicht?
Also was nun? Keine Gottesdienste mehr, bis Paulus aus dem Gefängnis kommt? Oder einfach selber welche machen? Selber predigen? Und Besuche? Und so mit den Leuten reden. So wie Paulus. So zuhören? Kann das einfach jeder? Sollen wir?

MUSIK


Christus verkündigen.Wessen Aufgabe ist das?Ich habe heute keinen Talar an.Nein. Ich habe ihn nicht vergessen.Ich habe ihn zu Hause gelassen.Denn er macht mich nicht wichtiger als andere.Darunter bin auch nur ich.Alles, was ich gelernt habe, ist, Worte gut zu formulieren,einige historische Daten, mich hier vorne zu bewegen.Das alles hat nichts mit dem Evangelium zu tun.Ich, nur ich selber, habe mit dem Evangelium zu tun.Und jeder und jede von euch auch.Ihr habt auch mit dem Evangelium zu tun.
Christus verkündigen.Das ist nicht das hier.Ein wenig vielleicht.Christus verkündigen, das geht aber erst richtig los, wenn wir hier weg gehen. Da draußen vor der Tür. In jeder Begegnung.in jedem Gespräch.In jedem Zuhören.In jedem Anschauen.In jedem Lächeln.Ich jedem Bewerten.In jeder Antwort.In jeder Frage.Im Mutigsein.Im Schwachsein.Im Tun und Nichttun.Auch im Mitleid und in der Wut.Christus verkündigen.


Seit ein paar Wochen bereite ich mit einer 9. Klasse einen Schulgottesdienst vor. Vor 500 Leuten sollen sie Jesus verkündigen. Die meisten waren bisher privat noch nie in einem Gottesdienst. Sie haben keine Erfahrung damit. Wir wollen die Szene vom letzten Abendmahl nachstellen. Drei Wochen lang haben wir diskutiert, welche Menschen von heute da mit Jesus am Tisch sitzen würden. Wer heute Jesu Jünger wäre. Das waren heiße Diskussionen. Sitzen dort nur Obdachlose, Diebe, Straftäter? Sitzen dort Ärzte und Polizisten und Banker? Politiker? Homosexuelle? Rechte? Juden? Fremde? Omas? Kinder? Wer sitzt da bei Jesus heute? Wir haben lange Listen erstellt. Gestrichen und hinzugefügt. Nun haben sie eine Lösung gefunden. Die einzig mögliche, wie sie sagen. Übernächste Woche zum Gottesdienst werden sie selber dort sitzen. Wir sitzen dort. Haben die Jugendlichen entschlossen. Genauso chaotisch und unfertig wie wir sind. Wir sitzen dort. Andere Jünger hat Jesus nicht. Als uns.


Christus verkündigen. Hauptsache ist, dass Christus auf jede Weise verkündigt wird. Amen. Und der Friede Gottes, der höher ist als unsre Vernunft, der halte unsern Verstand wach und unsre Hoffnung groß und stärke unsre Liebe. Amen.


.... Gott gibt sich in Deine Hände...

 Predigt über "Geistwasser"  im Universitätsgottesdienst der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg im Rahmen der Predigtreihe...