Montag, 22. August 2022

Predigt zur Verabschiedung am 21. August 2022

Abschiedspredigt

Diesen Traum  musste die Frau begraben. 

Das war klar. Hier ging es nicht weiter. 

Sie hatte sich so viel davon erhofft, hatte so viel darin investiert. 

Hier ging es nicht weiter. Das war bitter für sie. 

Ihr Leben musste nun anders weiter gehen. 

Ihre guten Ideen und ihre Hoffnungen, 

sie musste sie zu den Akten legen. 

Mit so viel Schwung war sie in diese Sache hinein gegangen. 

Und nun. Zu Ende. Ihr Traum war gestorben. 

Sie schloss dieses Kapitel. Ende Gelände. 

Es sollte halt nicht sein. Es war schief gegangen. 

Daran verschwendet sie keine Energie mehr. 


Diese Beziehung musste der Mann hergeben. 

Alle sahen es. Keine Chance. 

Aber niemand sah, was für ihn daran hing. 

Was er sich alles damit aufgebaut hatte. 

Niemand würde verstehen, was er hiermit verlor, 

wenn es hier und jetzt zu Ende ging. 

Aber nun war diese Beziehung gestorben. 

Er musste damit ein für allemal abschließen. 

Er sollte das einfach hinter sich lassen. 

Alles andere würde zu sehr weh tun. 


Wie in einem Grab schlummern ihre Träume und Ideen. 

Wie in einem Grab schlummern seine Hoffnungen und verletzlichen Gefühle. Weggeschlossen. Gestorben.

Eingewickelt in die Tücher von Missverstandenem und Vergeblichkeit. 

Abgedeckt mit gestärktem Leinen von Bitterkeit und Erschöpfung. 

Zu Grabe getragen. 

Abgelehnte Liebe und unmögliche Träume, 

gescheiterte Versuche und Ideen. 


Davor den Stein gerollt als Abschluss. 

Nach menschlicher Logik ging es hier nicht weiter. 






Petrus, Johannes Maria, die Frau, der Mann, 

haben ihren Traum, ihren Weg ins Leben, 

ihre Pläne und ihre Begeisterung, alles woran sie glaubten, 

in das Grab gelegt. Weil es zu Ende war. 

Du kannst dir vorstellen, dass es dunkel darin war 

und nicht Lebendiges darin. 

Dann waren sie gegangen. 

Alles andere würde zu sehr weht tun. 

Diese Sache war gestorben. Aus und Ende. 


Eine von ihnen aber hat in der Traurigkeit noch einmal den Weg gesucht. 

Und ihr Grab aufgebrochen gefunden. 

Womit sie abgeschlossen, was begraben war, lag offen da. 

Da war zuerst Entsetzen. 

Dann Überraschung. 

Als hätte jemand die Situation umgedreht. 

Ihr Sitzen bei dem Toten aufgescheucht. 

Ihr bitteres Gedankenkarussel angehalten. 

Unvermutet passierte etwas komplett wider Erwarten. 

Etwas Unlogisches. Hereinbrechendes.


Was wenn niemand nochmal gegangen wäre?

Wenn niemand gegangen wäre, um einmal zu schauen?


Erst wittern sie Betrug. Betrogen um das, was sie begraben hatten. 

Und dann erlebt jeder, jede etwas anderes. 

Hätten sie Zeugenberichte aufgenommen am Ostermorgen, 

sie wären verwirrend unterschiedlich gewesen. 

Als hätten sie alle eine andere Situation erlebt. 


Eines erleben alle gleich: Aus dem Grab war der Tod gewichen. 

Zusammengerollt die Tücher der Bitternis. 

Leer die Stoffbahnen ihrer Verzweiflung. 

Stattdessen Licht.

Stattdessen ein Luftzug. 

Stattdessen eine Stimme, die spricht. Eine Stimme, 

die Deinen Namen sagt. 

Du, Maria. Du, Helmut. Du, Marianne. Du, Peter. 

Du, Kerstin. Du, Beate. Du, Stephan. Du Timo. Du Gabi. 

Du. Mit Deinem Namen. 

Du, Gemeinde Behrungen. Du, Gemeinde Queienfeld. 

Du, Gemeinde Westenfeld... Du, ...

 

An der Stelle, wo etwas vorbei ist, erinnert Dich Gott, dass er Dich kennt. 

Er lässt Deinen Blick weg wandern 

von Grab und allen Tüchern die das Leben verwickeln. 

Und er lässt Dir wohltuend Zeit. 

Auch wenn Du ihn nicht gleich erkennst. 

Auch wenn es absolut unwahrscheinlich ist. 

Auch wenn es undenkbar ist, dass im Ende noch etwas anderes ist. 

Dahinter, wo Du persönlich gerade Abschluss genommen hast. 

In dem wo wir gemeinsam etwas beenden und hergeben müssen. 


Undenkbar für Dich, aber bei Gott: höchst wahrscheinlich. 


Mit etwas wird er dich dann begeistern, berühren, 

auf eine Spur bringen, aufblicken und Atmen holen lassen. 

Und ganz kurz ahnst du, 

dass die Brüche und Gräber und Gräben und Knicke in deinem Leben 

aus Gottes Perspektive irgendwie ganz anders aussehen müssen. 


Es lohnt sich, nachzusehen. Es lohnt sich nachzusehen wohin wir kämen. 

Es lohnt sich alle Funken der Hoffnung zusammen zu kehren. 

Es lohnt sich, sich vorzustellen, Steine könnten weg gerollt werden. 

Das ist eine Superkraft, die Du da hast. Weißt du? 

Dass Du das glauben könntest. 


Es war Abend geworden

an diesem einen Wochentag

die Freundinnen und Freunde von Jesus  

hatten ihre Türen fest verschlossen.

Denn sie hatten Angst.

Noch konnten sie es nicht glauben.


Da kam Jesus, 

trat in ihre Mitte und sagte:

»Friede sei mit euch!«

Was für eine Freude war das!

 Jesus sagte noch einmal:

»Friede sei mit euch!

Wie mich der Vater zu Euch und zu Dir gesandt hat,

so sende ich jetzt euch und Dich!«


Dann hauchte er sie an und sagte:

„Empfangt den Heiligen Geist“


Ich bin gesendet.

Und Du.

Und er.

Und sie.


Das zu leben. 

Das Herz voller Hoffnung. 

Die Gedanken offen für Gottes Geist. 

Das zu leben. 

Dass Gottes Gegenwart Leben gestalten kann. 

Und es festzuhalten. 

Das zu leben und davon zu erzählen. 


Wie mich der Vater zu Euch und zu Dir gesandt hat,

so sende ich jetzt euch und Dich!«

Dann hauchte er sie an und sagte:

„Empfangt den Heiligen Geist“


Ich bin gesendet.

Und Du.

Und er.

Und sie.


Nicht alleine...




"Friede sei mir dir!"...



 Amen.




Und der Friede Gottes, der höher ist als unsre Vernunft, 

der halte unsern Verstand wach und unsre Hoffnung groß 

und stärke unsre Liebe. 

.... Gott gibt sich in Deine Hände...

 Predigt über "Geistwasser"  im Universitätsgottesdienst der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg im Rahmen der Predigtreihe...