Sonntag, 22. Oktober 2023

... wenn Du ein Brief wärst - was für einer?

Predigt zu 2. Kor 3, 3-6

(vor Pfarrer:innen, die ihr Ordinationsjubiläum feiern)





Einer der Briefe, die ich bekommen habe, ist blau. Gott hat ihn mir geschickt als ich 18 Jahre alt war. Die Kirche war nicht meine Sache, hatte ich damals entschieden. Ein Zufall führte mich ein Jahr lang in eine kleine Klostergemeinschaft von Frauen in der Schweiz. Die Schwestern tragen ein blassblaues Habit. Ihre Gesänge, ihre Güte, ihre Frömmigkeit, ihr Zuhören, ihre Gastfreundschaft, ihre Gebet für mich, ihr wahrhaftiges Leben mit Gott und ihr Verwobensein mit Gott im ganzen Alltag von morgens bis abends, waren ein Brief Gottes an mich, einer in blassblau. Einer, der mich ins Herz getroffen hat vor über 30 Jahren. Einer, den ich immer noch gerne lese, der noch nicht zu Ende ist. Vermutlich so eine Art Briefabo für mein Leben. Ohne diesen blassblauen Brief wäre wohl mein ganzes Lebens völlig anders verlaufen. 


Ich würde sagen, ich habe reichhaltig Post bekommen in meinem Leben. Überschüttet mit Briefen und Karten, mit Worten und Kraft vom Heiligen Geist in andere hinein geschrieben, die mir aber galten, die ich lesen konnte.


Vorgestern gerade ist mir ein Brief geschickt worden. Eine sagte einen Satz, der mich berührte und den ich gerade brauchte. Und gestern Abend habe ich einem Jugendgottesdienst aus Haldensleben zugehört. Die Jugendlichen mit ihrem Mut, nach vier Tagen Workshop auf der Bühne zu stehen vor vielen Leuten und ihre Offenheit für Gottes Wort in ihrem Leben, waren mir ein starker inspirierender Brief. Danke Gott, du Postmann. 


Und Du? Wer ist Dir zu einem Brief Gottes geworden in Deinem Leben? Ganz am Anfang. Wer hat das Feuer für Gottes Sache in Dir entfacht? Welche Briefe hat Gott Dir geschickt? Weißt Du es noch? Eine Menge bestimmt. Da bin ich mir sogar sicher. Gott ist verschwenderisch mit dem was er gibt, nicht selten schickt er gleich mehrere Briefe. Manchmal kommen sie ja vielleicht nicht an. Sicher ist sicher. 


So sind andere Dir zu einem Brief Gottes geworden.

Und es war Dir als hätte Gott Dich berührt und er wurde spürbar und hat Dein Herz und Sinn bewegt.


Ich habe es lange nicht gewusst, dass ich auch ein Brief Gottes bin, danke Paulus für diese Worte: 


 2 Ihr seid unser Brief, in unser Herz geschrieben, erkannt und gelesen von allen Menschen! 3 Ist doch offenbar geworden, dass ihr ein Brief Christi seid durch unsern Dienst, geschrieben nicht mit Tinte, sondern mit dem Geist des lebendigen Gottes, nicht auf steinerne Tafeln, sondern auf fleischerne Tafeln der Herzen. 4 Solches Vertrauen aber haben wir durch Christus zu Gott. 5 Nicht dass wir tüchtig sind von uns selber, uns etwas zuzurechnen als von uns selber; sondern dass wir tüchtig sind, ist von Gott, 


Ich habe es lange nicht gewusst, dass ich auch ein Brief Gottes geworden bin. 

Von was schreibt Gott mit mir?

Wovon erzählt mein Leben, meine Blicke, meine Begegnungen, meine Wege, die Gott in mich schreibt?

Was für ein Brief war ich und  bin ich, den Gott in die Welt geschickt hat?


Ich habe es lange nicht gewusst, dass ich auch ein Brief Gottes geworden bin. Ich bin es und Du auch. Ein Brief Gottes. Und in Dir ist geschrieben ohne Buchstaben durch Gottes Geist. Und andere erfahren das durch Dich, mit Dir. Manchmal ohne, dass Du es weißt. 


Was für eine Art Brief bin ich eigentlich? Und Du?


Ich weiß, dass manche von Euch in ganz bestimmten Zeiten ein mutiger Brief waren. Ein mutiger Brief als die Sache Gottes beinahe Staatsverrat war. Als die Sache Gottes schräg angesehen wurde und alle die sich ganz offensichtlich dazu hielten. Da brauchte es Mut, Gottes Brief zu sein. Lesbar für alle. Gesandt. Zu Adressaten. Die Gerechtigkeit und den Frieden ins Herz geschrieben. Ein mutiger Brief wart Ihr in Zeiten, als Briefe verdächtig waren und mit Wasserdampf geöffnet wurden. Brief sein ist auch nicht immer einfach. 


Ich glaube außerdem, dass viele von Euch aller allererste Briefe waren. Allererste Briefe Gottes an einen Menschen. Da, wo Neues begann, wo Gottes Geist in einem neuen Gegenüber plötzlich sichtbar wurde. Wo das, was Gott in Euch geschrieben hatte auf wunderbare Weise andere ansteckte, mitriss, bewegte, tröstete, begeisterte, aufrichtete und bestärkte.

So eine Art ansteckender Brief - wie oft seid Ihr das gewesen und habt es erlebt und wie öfter vielleicht, ohne dass Ihr es bemerkt habt. 


Manchmal wart Ihr vielleicht ein einsamer Brief. Ein wortloser, stiller. Da wo Ihr an Eure Grenzen gekommen sein und wo Ihr enttäuscht wurdet. Wo niemand Euch sah und hörte. Das passiert. Und gut ist es, dass Gott einfach so unheimlich viele Briefe sendet, die heilsam sein und wiederherstellen können. Und tatsächlich sind manchmal gerade wir als einsamer Brief besonders wertvoll für Menschen, die die Nase voll von fröhlichen Briefen haben und genau einen solchen einsamen Brief, so einen Menschen, selbst brauchten, um wieder im Leben anzukommen. Gott schreibt eben Briefe auf jeglichem Papier, sogar auf dem was schon zerrissen und zerknüllt ist.


Womöglich habe ich in meinem Leben Briefe gar nicht Gott zugeordnet oder habe sie nicht als seine verstanden. Und womöglich war ich selbst manchmal ein unleserlicher Brief. 

Manchmal einfach ein normaler oder ein ziemlich kleiner Brief. Manchmal ein Rettungsbrief. Manchmal ein schwerer Brief. Und hoffentlich doch immer wieder ein Liebesbrief Gottes. 


Gott schreibt in unsere Herzen. Seine Tinte ist der Heilige Geist. Gott geht es nicht um einzelne Buchstaben. Gott will, dass seine Briefe lebendig werden. 

Und wenn etwas passiert, dann wohl trotzdem und auch wenn wir selbst daran mitwirken. 


Gott aber sei gedankt, (schreibt Paulus weiter) der uns allezeit im Triumph mitführt in Christus und offenbart den Geruch seiner Erkenntnis durch uns an allen Orten! Denn wir sind für Gott ein Wohlgeruch Christi unter denen, die gerettet werden, und unter denen, die verloren werden: diesen ein Geruch des Todes zum Tode, jenen aber ein Geruch des Lebens zum Leben. Und wer ist dazu tüchtig? (…)

Wir alle  spiegeln mit aufgedecktem Angesicht die Herrlichkeit des Herrn wider, und wir werden verwandelt in sein Bild von einer Herrlichkeit zur andern von dem Herrn, der der Geist ist. (2. Kor 2/3)


Gott will die Welt verwandeln. Er hat unheimlich viele Briefe abgeschickt, eine ganze Briefschar, damit Gerechtigkeit und Frieden sich bald küssen. 

Sie sind unterwegs mit Mir und Dir und Gott, der tut und der Heiligen Geistkraft die in Herzen schreiben kann. Amen.


Und der Friede Gottes, der höher ist als unsere Vernunft, der halte unsern Verstand wach und unsre Hoffnung gr0ß und stärke unsre Liebe.  Amen.

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