Sonntag, 20. Dezember 2020

Die Trauer am Tisch


 „Weihnachten ohne Dich"

- vielleicht liest du das hier.

Und du musst dieses Jahr Weihnachten feiern „ohne“ jemanden.

Für manche ist es das erst Mal ohne diesen geliebten Menschen.

Andere haben das schon erlebt. Und fanden es schwer.


Weihnachten „mit ohne“ haben wir gerade alle irgendwie.

Viel lieb gewonnenes geht dieses Jahr einfach nicht.

Es ist ein Weihnachten ohne Einiges,  

auf das wir aber auch mal verzichten können, 

merken wir jetzt.

Es ist ein Weihnachten ohne Anderes und Andere, 

die uns sehr viel bedeuten und die uns fehlen, 

merken wir jetzt.

Das wird ein Weihnachten mit viel Sehnsucht und Vermissen.

Allerdings: 

das meiste davon wird alles irgendwie wieder kommen.


DU kennst einen, der nicht wiederkommen kann.

Da ist ein Platz am Tisch, auf dem Sofa, 

auf der Bank vor dem Haus, im Kinderbettchen 

- eben gerade neben Dir, 

der leer bleibt seit einiger Zeit. 

Eine Leerstelle. 

Wie ein abgeschnittener Zweig an einem Baum. 

Stattdessen ist jemand anderes eingezogen 

wie ein ungebetener Gast: die Trauer.


Sonst, im Alltag, kommst Du klar. 

Du hast Dich daran gewöhnt, dass es nicht zu ändern ist.

Du hast Dich daran gewöhnt, dass es ein Leben 

ohne diesen Menschen gibt, dass es einfach weiter geht.

Muss es ja auch.

Du hast Dich daran gewöhnt, dass es manche Tage gibt,

 wo es wirklich gut geht, wo sich alles fast wieder normal anfühlt.

Du hast Dich daran gewöhnt, dass es dann diese Moment gibt,  wo ein Wort,

ein Klang, ein Geruch, ein winziger Hauch der Luft plötzlich Kaskaden der Erinnerung in Dir öffnet.

Das ist manchmal schlimm, aber manchmal auch schön.


Wie eine Berührung aus der Ferne. 

Wie die Vergewisserung, dass der Faden nicht abreißen wird.


Aber Weihnachten? 

Puh.

Für manche ein kleiner Berg im Kopf.

Weihnachten war doch schon immer SO 

- auf eine bestimmte Weise!

Und die war Dir wichtig. 

WIE wichtig, das merkst du erst, wenn sich alles total verändert. 

Und die sonst als etwas fade empfundene Normalität plötzlich das schönste wäre, 

das passieren könnte. 

Irgendwie brauchst Du nun einen neue Normalität.

Wie könnte die sein?

Wie könnte die sein, mit einem leeren Platz 

und einem ungebetene Gast: der Trauer. 

Bietest Du ihr vielleicht einfach einen Platz an?

„Na gut, du Trauer, setz dich halt dazu…

Man kann das ja gar nicht mit ansehen, 

wie du dich da immer in der Ecke rumdrückst. 

Setz dich mal hier mehr ins Licht. 

Ich wollte dich ja nicht unbedingt hier haben.

Aber wo du jetzt da bist,

ist wenigstens jemand da.

Jedenfalls vorübergehend. 

Du weißt schon, du darfst dann auch mal wieder gehen. 

Da wünsch ich mir auch mal wieder: Weihnachten ohne dich.

Aber weil du jetzt da bist…

vielleicht trau ich mich ja mit dir einen dieser Kekse zu essen, 

die ich seitdem nicht mehr angerührt habe,

eine Weihnachtsmusik zu hören, die Erinnerungen weckt.

Tränen sind ok. Sie sind mein Schmuck heute Abend.“


Jesus sagt: „Kommt her zu mir,

die ihr mühselig seid. 

Ich will euch Ruhe geben.

Lasst mich zu dir setzen. 

Ich setze mich neben Deine Trauer und neben Dich.

Wir werden dort zusammen sein.

und ich helfe Dir tragen.“ 

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