Samstag, 21. November 2020

Mit Tränen und Gott im Zelt





Andacht zum Ewigkeitssonntag 

für Dich zum Lesen



Heute sind wir hier mit unseren Gottesdiensten auf dem Gottesacker.

So sagte man früher zum Friedhof. 

Dorthin bringen wir Gott unsere Verstorben zurück.

In die Hände der Erde.

In Gottes Hände.

Wir sagen „Friedhof“,

weil man sie dort in Frieden lässt,

weil dieser Bereich eingefriedet ist - 

die Einfriedung unserer Trauer vor dem Leben.

Damit es auch Leben geben kann 

trotz Tod und Trauer.

Willkommen Ewigkeitssonntag. 

Zu dem man früher Totensonntag sagte.

Weil man der Toten gedacht. 

Weil die Traurigkeit ihren Platz hatte. 


Und  zu dem heute viele auch Ewigkeitssonntag sagen, 

weil die Bibel über den Tod hinaus schaut.

Und wie eine helle Laterne 

die Hoffnung und Jesu Worte von der Ewigkeit hoch hält 

- damit wir weiter gehen können im Leben.

So sei gesegnet wenn du das liest, 

da bei Gott, umfangen von seinem Geist.

Und im Herzen nahe all denen die du vermisst. Amen


Gebet:

Du Gott, der Abschiede und Neuanfänge,

mein Leben

dir zu überlassen,

fällt mir schwer.

Dennoch meine Abschiede,

meine Trauer,

meine wunde Seele,

bringe ich dir.

Mein Tränen,

mein Festhaltenwollen,

meine gestorbene Liebe,

wem sonst als dir

kann ich mich anvertrauen?

Du weißt,

ich wollte nicht loslassen,

nicht abgeben das eine Gesicht,

die eine Stimme,

die ich immer noch höre,

die Bewegungen und Gesten,

die sich mir eingebrannt haben.

Du willst sie alle zurück.

Gegeben - genommen -

nicht mehr hier - 

dafür bei dir.

Ewiger,

nimm mir mein Festhalten,

dieses Verharren in der Vergangenheit,

dieses beharrliche Fortsetzen

des Abschieds.

Lass mir Seelenkraft wachsen.

Lass mich Leben spüren.

Lass mich weitergehen. 


„Denn es sollen wohl Berge weichen und Hügel hinfallen, 

aber meine Gnade soll nicht von dir weichen 

und der Bund meines Friedens soll nicht hinfallen,

 spricht der Herr, dein Erbarmer.“ Amen. (H.D. Kastner)


Lied: Jesus meine Zuversicht… (EG 526, 1-3.7) 

(wenn du magst lies den Text oder singe es...)


Bekenntnis:

In den Zeiten, in denen die Seele bedrängt ist 

und man vielleicht stärker als je zuvor und klarer als sonst sieht, 

was im Leben zählt, was trägt, 

haben Menschen oft besonders berührende Texte geschrieben, 

so wie Dietrich Bonhoeffer in der Haft. 

Den Terror und den Tod vor Augen. 

Und dennoch verzweifelte er nicht:


"Ich glaube, dass Gott aus allem, auch aus dem Bösesten, 

Gutes entstehen lassen kann und will.

Dafür braucht er Menschen, 

die sich alle Dinge zum Besten dienen lassen.

Ich glaube,

daß Gott uns in jeder Notlage 

soviel Widerstandkraft geben will, wie wir brauchen.

Aber er gibt sie nicht im voraus, 

damit wir uns nicht auf uns selbst, 

sondern allein auf ihn verlassen.

In solchem Glauben müßte 

alle Angst vor der Zukunft überwunden sein.

Ich glaube,

daß auch unsere Fehler und Irrtümer nicht vergeblich sind,

und daß es Gott nicht schwerer ist mit ihnen fertig zu werden,

als mit unseren vermeintlichen Guttaten.

Ich glaube, daß Gott kein zeitloses Fatum ist, 

sondern daß er auf aufrichtige Gebete 

und verantwortliche Taten wartet und antwortet.

Amen."


Lied: Du kannst nicht tiefer fallen…. (EG 533, 1-3 Mel.516)

(wenn du magst lies den Text oder singe es...)



Lesung: 

1 Und ich sah einen neuen Himmel und eine neue Erde; denn der erste Himmel und die erste Erde sind vergangen, und das Meer ist nicht mehr. 2 Und ich sah die heilige Stadt, das neue Jerusalem, von Gott aus dem Himmel herabkommen, bereitet wie eine geschmückte Braut für ihren Mann. 3 Und ich hörte eine große Stimme von dem Thron her, die sprach: Siehe da, die Hütte Gottes bei den Menschen! Und er wird bei ihnen wohnen, und sie werden seine Völker sein, und er selbst, Gott mit ihnen, wird ihr Gott sein; 4 und Gott wird abwischen alle Tränen von ihren Augen, und der Tod wird nicht mehr sein, noch Leid noch Geschrei noch Schmerz wird mehr sein; denn das Erste ist vergangen. 5 Und der auf dem Thron saß, sprach: Siehe, ich mache alles neu! Und er spricht: Schreibe, denn diese Worte sind wahrhaftig und gewiss! 6 Und er sprach zu mir: Es ist geschehen. Ich bin das A und das O, der Anfang und das Ende. Ich will dem Durstigen geben von der Quelle des lebendigen Wassers umsonst. (Offenbarung 21, -6)






Predigt:

So ein Tag wie heute, 

mit Grablichtern und dem Reden vom Sterben und Vergehen, 

reißt alles wieder auf. Alten Schmerz. Warme Erinnerungen. 

Abschiede. Alte Traurigkeit. Oder frisches.


So ein Tag wie heute, mit den festen Texten der Bibel, 

reißt noch-etwas auf: den Himmel. 

Reißt in das nebelige Dunkel einen Riß, durch den etwas schimmert, 

dass man nur ahnen kann, aber das tröstlich scheint, 

beständig gegen alles, zum Hoffen schön.


Was nicht mehr sein wird, erzählt die Bibel: 

Tränenmeere, Schmerz, Chaos und Versinken, Stürme und Leid. 

Aber es ist ja. 

Es ist gerade.

Unterschiedlich bei dem und jeder.

Es ist ja da. 

Ja. Sagt Gott. 

Ich sehen es.

Ich sehe Deine Tränen.

Deine Stürme.

Wie es Dich bewegt.

Manchmal nur winzig kleine Stiche.

Manchmal wirft es Dich hin und her. 

Ich sehe das.


Und dennoch stellt die Bibel in die Stürme und Wogen

ein Hoffnungslicht.

Wie weit auf dem Meer durch sprühendes Wasser, 

Gischt und tobende Wellen doch immer der Strahl                                                                                                     des Leuchtturmes zu sehen ist. 

So soll dieses Hoffnungslicht zu sehen sein. 

Es nimmt Dir Deine Traurigkeit nicht weg.

Nicht Dein Vermissen.

Denn die brauchst Du.

Es leugnet sie nicht.

Es bagatellisiert sie nicht.

Im Gegenteil.

Er wischt nicht weg - all das, was du fühlst.

Er stellt sein Licht daneben.

Zu Deiner Rettung. 

Gott zeltet bei Dir. 

Er nimmt Dich mitsamt Deiner Traurigkeit und deinem Seufzen mit in sein Zelt. 

Dien Tränen dürfen sein.  

Und dann tupft er sie weg.

Es sagt: Es ist Land in Sicht. 


Er stellt neben Deine zerbrochene Gewissheiten 

seine ungebrochene Zuversicht. 

Mächtig und gewaltig. 


Und weißt Du - da geht es hin.

Da kannst Du hin. 

Es gibt ein Heraus. 

Es gibt ein Dahin. 

Es gibt Gott.

Jetzt. Genau jetzt gibt es ihn. 

Bei dir. Jetzt. 

Amen.


Und der Friede Gottes, der höher ist als unsere Vernunft, 

der halte unsern Verstand wach und unsre Hoffnung groß 

und stärke unsre Liebe. Amen. 

 

Lied: Lautete omnes gentes….    (wenn du magst lies den Text oder singe es...) 


Fürbitten 

Lass mich in Liebe an die denken, 

die gestorben sind und die ich begraben musste,

an die ich mich liebevoll erinnere, 

an ihre Stimme, ihren Blick, ihr Lachen. 

Ich nenne sie dir: .......



In der Stille bete ich  für sie 

und alle, die ich vermisse . 

 

Gott, ich erlebe Traurigkeiten.

Heute nehme ich wieder ein stückweit Abschied

von Menschen, die mir viel bedeutet haben, 

von Menschen, die Jahre oder Jahrzehnte 

Teil meines Lebens waren.  

Ich bewahre sie in meinen Gedanken,

schaue Bilder an, erzähle Geschichten über sie,

Zünde Kerzen an oder gehe zum Grab.

Ich reden von Ihnen oder vielleicht auch mit ihnen.

Für alle, die ich loslasse, bitte ich: 

Lass sie ruhen im Frieden deiner Arme.   

 

Ich denke heute an die Menschen in der Welt,

deren Leben nichts zählt,

deren Leben den Kriegen anderer,

wirtschaftliche Interessen,

dem unnötigen Hunger,

Bedrängung und Folter 

einfach zum Opfer fällt.

An die, deren Tod niemand beweint. 

An alle, die Angst vor dem Tod haben.

Lass sie leben im Schutz deiner Arme.


 

Ich bete in diesen Tagen besonders für alle, 

die ihren Sterbenden nicht beistehen können, 

weil sie das Krankenhaus nicht betreten dürfen,

die sich Vorwürfe machen, dass sie nicht da sein können 

für Ihre Liebsten auf ihrem letzten Weg.

Für die, die alleine im Sterben liegen.

Lass sie Abschied nehmen - auch über die Entfernung hinweg.


 

Und mich, die ich immer wieder vom Tod berührt werde,

uns mit meiner Erstarrung, Leere und Angst

nimm in deine Arme. 

Flöße mir Leben ein.

Leben soll aufblühen trotz aller Abschiede.

Solche Wunder der Verwandlung kannst nur du bewirken

Ich wollen mich strecken zum Leben hin

im Schutz deiner Arme. 

Herr, du kennst den Namen aller Sterne.

Du kennst meinen Namen. 

Den Namen derer, die ich liebe und liebte.

Amen. (nach H.D. Kastner)

 

Vaterunser


Lesung: 

1 Lobet den HERRN! / Denn unsern Gott loben, das ist ein köstlich Ding,   

ihn loben ist lieblich und schön. 2 Der HERR baut Jerusalem auf und bringt 

zusammen die Verstreuten Israels. 3 Er heilt, die zerbrochenen Herzens sind, und verbindet ihre Wunden.   

4 Er zählt die Sterne und nennt sie alle mit Namen. 

5 Unser Herr ist groß und von großer Kraft, und unermesslich ist seine Weisheit. (Psalm 147)

 

Gott heilt zerbrochene Herzen.

Er stellt sein Hoffnungslicht zu Dir.

Er zählt alle Sterne. Er kennt sie mit Namen.

Er kennt Deinen Namen. Den Namen dessen, den Du vermisst. 


Gott segne Dich, da wo du gerade bist. Amen.


 


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