Samstag, 23. Juni 2018

Predigt zum Johannistag, 24. Juni 2018

(Wendepunkte)
In der jordanischen Stadt Madaba gibt es in einer Kirche ein frühchristliches Bodenmosaik, das eine Landkarte des Heiligen Landes zeigt. Auf dieser Landkarte schwimmen Fische im Jordan, bis sie zur Mündung ins Tote Meer kommen. Wenn sie das tödliche salzige Wasser schmecken, drehen sie um, um nicht zu sterben. Genau an dieser Stelle des Jordans hat sich Jesus von Johannes taufen lassen. Ein Wendepunkt.

Die letzten Tage wurden lang und länger. 
Die Wiesen wurden hoch und  höher. 
Bis zum Johannistag. Heute ist Johannistag. 
Nun werden die Tage kürzer. 
Es ist Halbzeit bis zum Fest der Ankunft Gottes an Heiligabend. Ab jetzt wird es stückchenweise früher dunkel. 
Die Pflanzen wachsen mehr in die Frucht als in die Höhe. 
Es ist das Jahr, die Natur, das Leben, das abnimmt. 
Ein Wendpunkt.

Taufe. Wachsen. Abnehmen. 
Johannistag. 
24. Juni. 
Ein Wendepunkt.  

Heißt das Christsein nicht 
genau das
von Wendepunkten wissen
an Wendepunkte glauben
in Wendepunkten neues Leben finden? 

(Niederlage und Rettung)
Bitte „wenden“!
- sagt das Navi 
und ich seufze,
denn ich wende nicht gerne.
Erst muss man sich ja durchringen,
wirklich wenden zu wollen.
Man muss erstmal glauben, dass es hier nicht weiter geht.
Und man muss sich entscheiden, es nicht weiter zu versuchen.
Vielleicht mag man gar nicht zugeben, dass man falsch ist.
Vielleicht tut es einem so leid um die verfahrene Zeit.
Vielleicht will man vor den anderen das Gesicht wahren.
Und dann muss man erstmal schauen, wo man anhalten kann.
Vielleicht hält man den ganzen Verkehr auf.
Vielleicht gibt es einen Graben, auf den man achten muss.
Vielleicht darf man gar nicht abbiegen.
Vielleicht muss man ein Stück des Weges zurück fahren.
Vielleicht weiß man nicht mehr, 
als dass es hier nicht weiter geht 
und weiß den richtigen Weg noch nicht.
Bitte wenden!
Ein Wendepunkt ist manchmal eine Niederlage.

Bitte wende es!
So betet Anneliese.
Das Fieber geht nicht weg.
Die Wunde ist entzündet.
Sie hat Schmerzen. 
Sie wird immer schwächer.
Sie kann nicht mehr liegen.
Vielleicht wird es ja noch schlimmer.
Sie will nicht sterben.
Vielleicht haben die Ärzte ja recht.
Und es wird wieder gut.
Vielleicht haben aber auch nicht recht.
Und alles wird schlimmer.
Wer weiß das schon.
Vielleicht steckt da noch was ganz anderes dahinter.
Bitte wende es!
So betet Anneliese.
Und als hätte er es gehört,
geht es ihr am nächsten Tag schon besser.
Nicht viel besser.
Aber ein Hoffnungsflimmern ist in ihr.
Ein Ankündiger für das Bessere, das noch kommt, nur fühlbar.
Sie ist über den Berg.
Bitte wende es!
Ein Wendepunkt ist manchmal die Rettung.

(Wende als Prinzip)
„Klar zu Wende“ ruft man auf einem Boot.
Haben sie schonmal versucht, ein Boot
mitten in der Fahrt zu wenden?
Ist kaum möglich.
Mit einer Ausnahme.
Es hat ein Segel.
Für das Segelschiff ist es ein Prinzip
zu wenden.
Es kreuzt. 
Es kommt nur voran, in dem es Wenden fährt.
Es kann gut umgehen mit Gegenwind.
Es wendet ihn an
- für sich selbst.
Das Segelschiff holt beim Wendepunkt Schwung.
Er ist nicht Rettung, nicht Niederlage.
Er ist Vorwärtskommen.
Da macht es gar nichts, wenn ihm der Wind entgegen bläst.
Im Gegenteil.

Wenden bringt uns vorwärts.

Die Fische im Jordan
in dem Johannes Jesus taufte, 
die bis zur Einmündung 
in das Tote Meer schwimmen, 
und dann schnell umdrehen,
die müssen fortan gegen den Strom schwimmen.

Johannes war auch so einer, der gegen den Strom war.
Er predigte Umkehr vom jetzigen Leben.
Er lebte wie niemand sonst lebte.
Er hatte sogar einen Namen, 
den niemand sonst in seiner Familie hatte.
Ein Engel hatte die Eltern bewegt
mutig diesen Namen zu wählen.

Wenden bringt uns machmal auch gegen die Strömung.

(Geborgen in den Wendepunkten)
Unser Segel-Boot,
in dem wir sitzen,
jeder für sich,
das Boot, das uns durch das Lebensmeer trägt
seit unserer Geburt
- mit allen auch heftigsten Wendepunkte -
ist Gottes Versprechen. 
Wir sind geborgen
in seinem Versprechen
vom neuen Leben in ihm:
__________
Lesung Predigttext 1. Petrus 1, 3-9:

Gepriesen sei der Gott und Vater unseres Herrn Jesus Christus! In seinem großen Erbarmen hat er uns neu geboren2 und mit einer lebendigen Hoffnung erfüllt. Diese Hoffnung gründet sich darauf, dass Jesus Christus vom Tod auferstanden ist.3 
4 Sie richtet sich auf das neue Leben, das Gott schon jetzt im Himmel für euch bereithält als einen Besitz, der niemals vergeht oder verdirbt oder aufgezehrt wird. 
5 Wenn ihr Gott fest vertraut, wird er euch durch seine Macht bewahren, sodass ihr die volle Rettung erlangt, die am Ende der Zeit offenbar wird. 
6 Deshalb seid ihr voll Freude, auch wenn ihr jetzt – wenn Gott es so will – für kurze Zeit leiden müsst und auf die verschiedensten Proben gestellt werdet. 
7 Das geschieht nur, damit euer Glaube sich bewähren kann, als festes Vertrauen auf das, was Gott euch geschenkt und noch versprochen hat.4 Wie das vergängliche Gold im Feuer auf seine Echtheit geprüft wird, so wird euer Glaube, der viel kostbarer ist als Gold, im Feuer des Leidens geprüft. Wenn er sich als echt erweist, wird Gott euch mit Ehre und Herrlichkeit belohnen an dem Tag, an dem Jesus Christus sich in seiner Herrlichkeit offenbart. 
8 Ihn liebt ihr, obwohl ihr ihn nie gesehen habt. Auf ihn setzt ihr euer Vertrauen, obwohl ihr ihn jetzt noch nicht sehen könnt. Und darum jubelt ihr mit unaussprechlicher und herrlicher Freude. 
9 Denn ihr wisst, dass euer Vertrauen, euer Glaube, euch die endgültige Rettung bringen wird.

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Unser Boot,
in dem wir sitzen,
das uns durch das Lebensmeer trägt
- mit allen auch heftigsten Wendepunkte -
ist Gottes Versprechen. 
Wir sind geborgen
in seinem Versprechen
wie in einem Boot.

Christsein heißt dann konkret: 
von Wendepunkten wissen - und nicht an die Sinnlosigkeit glauben, nur weil sich die Dinge wenden.
Christsein heißt dann konkret:
an Wendepunkte glauben - und nicht, dass alles den Berg hinunter geht.
Christsein heißt dann konkret:
in Wendepunkten neues Leben finden, neue Wege - und zu glauben, Gott hält sie für uns bereit. 
Christsein heißt dann konkret:
das Hoffnungsflimmern niemals loswerden,
den Ankündiger für das Bessere, das noch kommt.

Unser Boot,
in dem wir sitzen,
das uns durch das Lebensmeer trägt
ist Gottes Versprechen. 
Es hält alle Wendepunkte mit uns aus.
Das Segel aber müssen wir 
selber setzen.
Das Segel ist unser Vertrauen.
Ein tiefes Vertrauen,
das singen und sagen kann:
„Der Wolken, Luft und Winden
gibt Wege, Lauf und Bahn
Der wird auch Wege finden
da dein Fuß gehen kann.“ Amen


Und der Friede Gottes, der höher ist als unsre Vernunft, der halte unsern Verstand wach und unsere Hoffnung groß und stärke unsre Liebe. Amen.

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