Samstag, 9. Juni 2018

Dies ist ein Abschnitt aus meinem Gottesdienst für den 10 Juni 2018, 
in dem mal einiges anders ist, 
weil es im Predigttext um die Gaben geht, 
und um Verständlichkeit des Gottesdienstes 
und um Sprache 
und darum, wie offen so ein Gottesdienst für andere bleibt.



Evangeliumslesung:
Stellt euch mal vor. Ihr würdet hier sitzen. Weil ihr hierher geladen seid, seid gekommen. Ihr seid ja immer da. Wir haben zusammen eine Art gefunden, Gottesdienst zu feiern, die die Alten schon kannten und die ihr so mögt. Und einmal aber, da lädt Gott noch andere ein. Und dann kommen aber nicht die, die diese Art von Gottesdienst schon kennen, nicht die, die gut singen können, auch nicht die, die in weißem Hemd und Jacket kommen, nicht die, die sich auskennen mit der Bibel. Sondern andere. Welche die nie kommen, noch nie gekommen sind. Eigentlich die, auf die wir immer warten, wenn wir sagen: „Heute sind wir aber wenige…“. Jetzt stellt euch vor, diese anderen, die würden kommen. Keine von denen kennt die Liturgie. Niemand kann die alten Lied singen. Aber eigentlich wären es genau die, die wir doch hier haben wollten…. Jesus hat einmal erzählt:

Evangeliumslesung von einer Einladung zu einem großen Mahl: Lukas 14, 15-24  und Gesang: "Lob sei dir, o Christe."

Und sie kämen. Einzelne. Paare. Kleine Trüppchen. Familien. Sie kämen hierher zu uns nach W. in den Gottesdienst. Und stellt euch vor. Zwei würden einen riesigen Blumenstrauß mit sich führen und jeden mit einer Blume begrüßen. Da sie es nicht besser wüsste, würden sie laut freundlich grüßen und jedem die Hand geben und sagen, wie schön es ist, dass Sie hier sind und sie nun auch. Durch alle Reihen hindurch würden alle sich die Hände reichen. Leise, herzlich und fröhlich. Eine würde ein Cello mitbringen und es vorne aufbauen und schon leise Musik machen, solange noch alle ankommen. Die mit den Blumen würde die restlichen Blumen einfach im ganzen Altarraum ausstreuen. Es würde aussehen wie ein traumhaftes Blumenbett. Die nächsten drei würden noch ein paar Kerzen mehr dazu stellen. Und allesamt würden sie sich so weit vorne wie möglich hinsetzen. Dicht nach vorne. Dicht zu den anderen. Ein paar würden lieber hinten sitzen, wo nicht so viele sind. Dann kämen noch mehr. „Was ist los?“ , würden wir uns fragen. Und sie würden sagen: „Wir sind eingeladen worden.“ Da würde die mit dem Cello ein Lied anstimmen und einer würde auf der Flöte dazu spielen und alle würden bewegt zusammen aufstehen und singen:

Lied (im Stehen): Kommt sagt es alles weiter… (EG 225)

Ganz von alleine würde ein Kind nach vorne kommen, denn einer sagt, dass jetzt gebetet würde. „Ich kenne ein Gebet!“, würde es sagen und mit seiner zarten dünnen Stimme die ganze Kirche erfüllen und sprechen: „Wo ich gehe, wo ich stehe, bist du, lieber Gott, bei mir - wenn ich dich auch niemals sehe, weiß ich immer, du bist hier. Amen.“ Das Cello würde ein Solo spielen und irgendwo von hinten kämen ein Mann und eine Frau ganz in weiß, die würden dazu tanzen hier vorne. Ganz ergreifend würden sie tanzen, tanzen von Lebendigkeit und Heiterkeit und von Schwere und Ringen. Und es wäre wie ein Gebet. Ein älterer Herr würde dann verlegen aber entschieden nach vorne gehen und zur Bibel greifen, weil er es schon immer mal machen wollte. Er schlägt sie auf und liest den Text. Er legt die Bibel weg. Alle singen „Lob sei dir, o Christe.“, weil es ein schöner alter Gesang ist und die Wände der Kirche voll von diesem vollen Klang sind. Seit Jahrhunderten. Und dann erzählt der ältere Herr, wie es einmal in seinem Leben war, als Gott bei ihm am Tisch saß.  Eine unfassbare Geschichte. Es ist still, die Kinder sitzen ganz hinten und schneiden Obst klein für später. Und naschen dabei. Einige liegen in einem kleinen Zelt mit Sternenhimmel und hören leise mit Kopfhörern ein Hörspiel. Die anderen, die nicht so gerne still sitzen, sind nach draußen gegangen, wo ihnen einer Jonglieren beibringt. Und die Großen sind bewegt von der Geschichte des älteren Herren und singen gleich nochmal „Lob sei dir, o Christe.“, denn seine Geschichte war fast wie die aus der Bibel. Da war Gott drin. Als er fertig ist, sind  alle ganz still. Einfach zum Nachdenken. Etliche gehen still herum, andere haben den Kopf in die Hände gelegt. Die Kerzen vorne flackern. Die Flöte  spielt Töne in die stille Kirche.

Musik: Flötensolo… 

Als die Musik verklungen ist, schnüren junge Leute in der Mitte spontan ihre Rucksäcke auf und holen Becher heraus holen, zwei Brote und frisches Wasser. Das geben sie durch die Reihen. Es wird gelacht und erzählt. Keiner hat gemerkt, wie die Zeit vergeht. Zum Beten am Ende stehen einige auf. Sie sagen, was sie sich wünschen für diese Welt, was sie sich dringend für sich selber wünschen und für die neben ihnen. Es ist so ernsthaft, dass alle nicken und von Herzen den Wunsch teilen. Die Älteste  im Raum spricht am Ende den Segen. Es ist ein ganz alter Segen. Älter als sie. Die Worte klingen heilig. Am Schluss gibt es Musik und man steht zusammen und erzählt. Bis es genug ist. 


Vermutlich wäre uns allen hier diese Art von Sprache im Gottesdienst ein wenig fremd. Wir sind gewohnt zu hören: „Der Herr aber sprach und sagte..“ und „Im Christi Namen…“ und  „Halleluja… Kyrie Eleison… Gloria sei dir.“ Das ist eine ganz vertraute Sprache für uns. Für andere ist sie fremd. Und vermutlich wäre dieser Gottesdienst für uns ganz ungewohnt mit den Blumen und dem Brot aus dem Rucksack und dass einfach alle etwas machen. Uns sind die wiederkehrenden Worte so lieb. Auch wenn wir manchmal nicht so genau wissen, was das heißt. 
Würden wir uns nach diesem Erlebnis fragen, ob wir vielleicht lieber wieder die Wenigen sein und in unserem Jargon bleiben wollen und in unserer Art zu feiern und in unserer Art zu leben?

Einmal, vor 1950 Jahren, als in den allerersten Gemeinden ein bestimmte Art zu Reden Überhand nahm und eigentlich niemand, der diese Art zu reden nicht verstand, neu hinzu kommen konnte in ihre Gottesdienste, die ja eigentlich öffentlich und einladend sein sollten… Als alle so redeten, als sei alles klar und jeder, der mitmachen wollte, gar nicht verstand, was sie meinten, schrieb Paulus einen Brief. Er sagte: Redet nicht in einer fremden Sprache für alle die dazu kommen. Redet, feiert, betet, singt  echt und für alle verständlich über Gott, so dass es jeder versteht. Prophetisch nannte er diese Art zu reden, das meinte direkt und klar.

Paulus´Brief, wie es sein soll im Gottesdienst: (1. Kor 14 verschiedene Verse)

"Bleibt unbeirrt auf dem Weg der Liebe! Strebt nach den Gaben, die der Heilige Geist verleiht – vor allem aber danach, als Prophet zu reden. Wer in fremden Sprachen redet, spricht nicht zu den Menschen, sondern zu Gott. Denn niemand versteht ihn. Was er unter dem Einfluss des Geistes sagt, bleibt vielmehr ein Geheimnis. Wer dagegen als Prophet redet, spricht zu den Menschen. Er baut die Gemeinde auf, ermutigt sie und tröstet sie.
Wer in fremden Sprachen redet, baut damit nur sich selbst auf.
Wer aber als Prophet redet, baut die Gemeinde auf. Brüder und Schwestern, jetzt stellt euch doch nur einmal vor: Ich komme zu euch und rede in fremden Sprachen. Was habt ihr davon, wenn ich euch nichts Verständliches vermittle – zum Beispiel eine Offenbarung oder eine Erkenntnis oder eine prophetische Botschaft oder eine Lehre. Wenn ihr keine verständlichen Worte gebraucht – wie soll man das Gesagte verstehen können? Ihr werdet in den Wind reden! Wer weiß, wie viele Sprachen es auf der Welt gibt, ja, nichts geschieht ohne Sprache. Wenn ich eine Sprache nicht spreche, werde ich für den, der sie spricht, ein Fremder sein. Und wer sie spricht, wird umgekehrt für mich ein Fremder sein. Darum gilt: Wer in fremden Sprachen redet, soll um die Gabe beten, seine Rede auch übersetzen zu können! Denn wenn ich in fremden Sprachen bete, dann betet zwar mein Geist. Aber mein Verstand ist untätig. Was folgt daraus? Ich will mit dem Geist beten. Ich will aber auch mit dem Verstand beten. Ich will mit dem Geist singen. Ich will aber auch mit dem Verstand singen. Denn angenommen, du sprichst einen Lobpreis, wie es dir der Geist eingibt – wie soll dann ein Unkundiger auf dein Dankgebet mit »Amen« antworten können? Er versteht ja nicht, was du sagst. Du sprichst zwar ein schönes Dankgebet, der andere wird dadurch aber nicht aufgebaut. Stellt euch vor: Die Gemeinde kommt zusammen und alle reden in fremden Sprachen. Wenn jetzt Unkundige oder Ungläubige hereinkommen, werden sie euch wohl für verrückt halten. Stellt euch aber umgekehrt vor: Alle reden als Propheten. Wenn jetzt ein Ungläubiger oder Unkundiger hereinkommt, wird er sich von allen zur Rechenschaft gezogen sehen. Er weiß sich von allen geprüft. Das, was in seinem Herzen verborgen ist, kommt ans Licht. Er wird sich niederwerfen, Gott anbeten und bekennen:
»Tatsächlich, Gott ist mitten unter euch!« Was folgt nun daraus, Brüder und Schwestern? Wenn ihr zusammenkommt, kann jeder etwas beitragen: einen Psalm, eine Lehre, eine Offenbarung, eine Rede in fremden Sprachen oder eine Deutung dazu. Alles soll dazu dienen, die Gemeinde aufzubauen.“

Lasst uns also von Gott reden, lasst uns feiern und singen und beten, lasst uns auch leben, immer SO, dass alle, die uns begegnen, sagen: „Tatsächlich, Gott ist mitten unter euch!“ Amen!



Und der Friede Gottes, der höher ist, als unsre Vernunft, der halte unsern Verstand wach und unsre Hoffnung groß und stärke unsre Liebe. Amen.

Lied: Nun danket alle Gott....


    (Foto: blounge.at)

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