Donnerstag, 7. Dezember 2017

Als ich die Kerzen schon fast wieder löschen will, kommen sie. Wie zwei Hirten mit ihren Hirtenstöckern. Nur dass sie mit einem Rollator kommen und einem großen Tropf, durch den die Medizin unablässig tröpfelt. Sie kommen bis ganz vorne. Nicken. Setzen sich leise. Ganz nahe bei Jesus. Der von der Wand aufmerksam auf uns schaut. Es ist Volkstrauertag. Unpassend für die Klinik fand ich. Ich hatte etwas Schöneres heraus gesucht. Und plötzlich weiß ich, diese beiden kennen den Krieg. Sie führen auch gerade einen. Also lese ich die Texte, die wir eben noch auf dem Friedhof hörten. Sie nicken. Einer weint heftig. Der andere legt ihm die Hand auf den Rücken. Gottfried heißt der, der so weinen muss. Wir hören Klaviermusik und er schließt die Augen. Wohltat. Eine Wohltat ist das in ihren Stunden und Tagen im Krankenhaus. 
Wir beten. Für alle unsere Mütter und Väter und unsere Lieben und für uns und unsere Kämpfe. Dann segne ich sie und frage nach ihren Namen. Danach sagt Horst, er sei eigentlich katholisch. Aber er käme immer in die Kapelle. Andere Zimmerkameraden hätten sich schon darüber lustig gemacht. Aber er ginge jeden Morgen und Abend den Herrn Jesus besuchen. Das tue ihm gut. Und Gottfried sagt unter Tränen, neulich wäre Horst sogar extra früh aufgestanden. Und lange geblieben bei Jesus. Er hätte gebetet. Für ihn, Gottfried, während er auf dem OP-Tisch lag. Das hätte ihm unsagbare Kraft gegeben. Und sie klopfen sich auf den Rücken die beiden Männer. 
Und da sie nun Jesus gesehen haben, gehen sie langsam zurück durch den Flur.  (B.Schlauraff)



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