Samstag, 9. Dezember 2017

„I.i.ich ha.hab ei.ei.eine Frage.“ Die Wörter kommen langsam aus seinem Mund, so als hingen sie an einem Gummiband, das sich nicht lösen will. Jeder Satz dauert gefühlte Minuten. Mein Kopf ist voller Dinge, die ich getan habe und die erledigt werden müssen und die ich jetzt gleich tun will. So eine Situation, wo du nicht mit beiden Beinen auf der Erde stehst, sondern eines immer schon im Gehen ist. Und das tagelang. Nun steht er aber in der Tür meines kleinen Büros neben der Krankenhauskapelle. Er stößt fast mit dem Kopf oben an, so groß und aufrecht ist er. Und sehr schlank. Irgendwie etwas schief. Er hält auch seinen Kopf schief mit dem feinen Haar und dem Speichelfaden am Kinn. Und in seinem langsamen Sprechen kann ich plötzlich ausatmen, weiß, Gott hat mal wieder genau den Menschen geschickt, den ich jetzt brauche. Einen, der zutiefst begeistert ist von Kirche. Und ich setze meinen zweiten Fuß wieder fest auf die Erde, schaue ihn an, höre einfach nur zu. Wie er in seiner kleinen Dorfkirche den Kirchendiener macht, erzählt er, mit etwas eckigen Bewegungen seiner Hände. Wie er die Lieder ansteckt, die Kirche schmückt.  Er ist so jemand, den man sofort unterschätzen würde. Aber er weiß alles über seine Kirche und über Gottesdienste und ich glaube auch über Gott. Auch wenn sich die Wörter in seinem Mund verrennen und er manchmal eine Pause machen muss und sich den Speichel abwischen. Seine kleinen Augen leuchten. Sie sind ganz klar. Und er hat Freude. Er strahlt Freude aus, obgleich er Patient ist und doch sicher auch irgendetwas problematisch sein muss mit seiner Gesundheit. Da winkt er nur ab. Er erinnert mich, dass der Altar noch nicht die richtige Farbe trägt und gemeinsam wechseln wir das Antependium. Er lehnt sich zurück. Das ist schön. Findet er. Lila. Auch in der Passionszeit. Wartezeit sagt er. Immer wenn Wartezeit ist. Und dann das volle Weiß. Darauf freut er sich schon. Das sei so schön hell. Vielleicht kommt er Sonntag, wenn Gottesdienst ist. Aber er weiß nicht genau, muss erst die Mutter fragen, wie lange er noch hier bleiben muss. Und außerdem ist bald Gottesdienst daheim und dann müsse er doch wieder in seine Kirche gehen. Die Leute würde sich auf ihn verlassen. Deswegen wirkt er so groß und aufrecht, denke ich. Er wird gebraucht. 




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