Krieg III

Es war wie im Krieg.

Erzählt sie.

Morgens kamen sie.

In der Frühe.

Mit großen Autos hielten sie vor dem Nachbarhaus.

Keiner hatte eine Ahnung gehabt.

Sie brüllten laut.

Klopften an ein paar Haustüren. 

Die Leute gerieten ganz und gar in Panik.

Sie öffneten schlotternd die Türen.

Zwei Stunden haben sie.

Wurden sie angebrüllt.

Dann müssen sie alles gepackt haben.

Bei manchen stampften sie gleich mit den Stiefeln ins Haus.

Und schmissen wahllos Sachen auf einen LKW.

Dann wurden sie auf einen LKW gepfercht.

Unsere Nachbarn.

Die Alten und die Kinder.

Männer. Frauen.

Wie die Juden.

Dachten wir.

Genauso.

Wir hatten es doch erst miterlebt.

Alle schrien.

Weinten.

Riefen verzweifelt.

Versuchten die Polizisten zu überreden.

Es half nichts.

Die LKWs fuhren los. 

Hände lösten sich 

Leute weinten vor Verzweiflung.

Und wir alle mit.

Am Bahnhof kamen sie in dreckige Viehwagen.

Ohne Fenster.

Nur mit Luftschlitzen.

Ohne Klo.

Ohne Essen und Trinken.

Da stand noch die Scheiße von den Tieren drin.

50 Mann in einen Wagen.

Und dann ging es los.

Dunkelheit.

Keiner wusste wohin.

Machmal stand der Waggon.

Die müssen gedacht haben, ihr letztes Stündlein habe geschlagen.

Kluge Köpfe aus dem Dorf waren das.

Gute Handwerker.

Leute mit Charakter.

Die sich nichts sagen ließen.

Die ihre Meinung sagten.

An einem Morgen waren sie alle weg.

Verteilt in die halbe Republik.

Säuberungsaktion im Grenzstreifen.

Aktion Ungeziefer.

Als wäre sie lästige Insekten.

Menschenleben wurden da gebrochen.

Für immer.

Lebensgeschichten zerstört.

Als Assoziale und Kriminelle 
wurden sie in ihrem neu zugewiesenen Wohnort angekündigt.

Viele waren nie wieder hier im Dorf.

Das hätte ihnen das Herz gebrochen.

Und bis heute führen sie einen Krieg

für Ihre Entschädigung.

Erzähln sie das ruhig weiter.

Das solln alle wissen.

Damit sie wissen, was sie an der Freiheit haben.

Ich kann das nicht vergessen.

Und ich will sowas nie wieder.

("Aktion Ungeziefer")