Samstag, 3. Februar 2024

Gleichnisse vom Reich Gottes....

 Predigt am Sonntag Sexagesimae 2024


Gott hat das erste Wort:

Und er erzählte ihnen ein Gleichnis und sprach: 

Mit dem Reich Gottes ist es so, 

wie wenn ein Mensch Samen aufs Land wirft.  

und schläft. 

und steht auf.

Nacht und Tag. 

und der Same geht auf. 

und wächst. 

– er weiß nicht wie. 

Von selbst bringt die Erde Frucht, 

zuerst den Halm, 

danach die Ähre, 

danach den vollen Weizen in der Ähre. 

Wenn aber die Frucht reif ist, 

so schickt er alsbald die Sichel hin; denn die Ernte ist da.







Und ich erzähle Euch Vier neue Gleichnisse.



I.

Mit dem Reich Gottes ist es so,

wie wenn ein Mensch Samen aufs Land wirft  und schläft 

und steht auf, Nacht und Tag; 

und der Same geht auf und wächst… 


Noch ruht das Wort.

Wo Elke und ich uns heftige Nachrichten hin und her schicken, Sie mir YouTube Videos mit pseudowissenschaftlichen Belegen über Verschwörungstheorien und Verharmlosung schlimmer Ideen und ich dagegen, immer dagegen, mit Erklärungen, mit Beispielen. Ich lasse Elke nicht, denn sie ist mir wichtig. Aber unsere InderWeltSprache rennt aneinander vorbei, als könnten unsere Poren die Worte der anderen nicht aufnehmen und auch das uns verbindende Wort Gottes scheint wie übermäßiges Regenwasser an uns Erdkrumen vorbei zu fließen. Ohne Kontakt. Ohne Frucht. Es geht nicht auf. Das Wort. Noch ruht das Wort. Zwischen Schlaf und Aufstehen. Und wir wissen nicht wie.


Eines Tages aber wächst dann ein Wort zwischen uns auf, das lange gelegen und gewartet hatte. Es wächst langsam auf, bekommt Früchte und etwas geschieht zwischen uns. Die Ernte schneidet alle Unbarmherzigkeit wortlos ab. Das, was einer mal in uns gelegt hatte, wer weiß schon wann, fruchtet und wir bekommen es nichtmal mit, hören nur auf uns zu attackieren und finden einen gemeinsamen Grund auf dem wir stehen können. Und wir wissen gar nicht wie. Draußen im Land hat das Gewitter der unsäglichen Worte und unbarmherzigen Verschiedenheiten aufgehört und ist in einem reinigenden Regen gleich mitsamt dem Wasser abgeflossen. Es ist reine Luft und wir haben uns plötzlich ganz viel zu sagen. Gottes Wortreich ruht nicht mehr und es wird wahr, das uns verheißen ist. Gemeinsam können wir - Elke und ich - nebeneinander für unterschiedliches beten und steigen aufwärts an den konträren Meinungen der anderen - aneinander wachsend und gedeihend wie Bohnenpflanzen, die aneinander Halt finden. Anstatt uns aneinander abzuarbeiten, geben wir unser Energie in die wichtigen nächsten Schritte, das Leben baumelt zwischen uns wie eine Hängematte, die an zwei Seiten befestigt sein muss. Unsere Konflikte sind nicht länger schwelende Wunden, sondern Trampoline mit Ausblick. Gottes Reich ist in uns hinein gewachsen. Und wir wissen nicht wie.


II.

Mit dem Reich Gottes ist es so, wie wenn ein Mensch Samen aufs Land wirft  und schläft und steht auf, Nacht und Tag; und der Same geht auf und wächst… 


Noch ruht das Wort.

Im Schlafen und Aufstehen. Und wird wahr und sprosst und grünt. Und wir wissen nicht wie.

Als F. zum ersten Mal in der Gemeinde sagt, dass sie etwas Komisches erlebt hat und ihr jemand sofort glaubt. Und es kein Gerede gibt, dass sie nur Unruhe stiften würde mit ihrer Not. Denn Gottes Reich ist sicher ausgesät. Und man sieht sie nicht scheel an und niemand flüstert über sie und niemand kommt auf die Idee, dass der, der ihr das angetan hat, weiter fröhlich und konsequenzenlos dabei sein könnte.  Niemand sagt, es sei doch lange her. Menschen reden klar miteinander über falsches Tun und falsche Nähe. Sie beschämen einander nicht. Menschen zeigen Übergriffe an und respektieren die Grenzen, die ganze Gemeinde redet darüber und man einigt sich, ein sicherer Ort sein zu wollen, auch für die, die anders lieben und leben, vor allem für die, die Schutz brauchen. Alle sind sich einig, hier ist der sichere  Ort für jedermann und jede Frau. Und es wird geerntet: geschützte Herzen und gut versorgte Wunden und ein Ort ohne dunkle Stellen und ohne dass jemand vor lauter Macht Falsches tut und vor lauter schimmerndem Selbstbild seine Fehler nicht merkt. Gute Früchte sind es, die sie ernten. Aus Gottesworten sind offene Worte und Schutzsätze geworden. So ist es in Gottes Reich. Es bricht aus der dunklen Erde hervor und wird stark und wächst und lässt sich nicht mehr übersehen. Es verändert. Es wendet. Und wir wissen nicht wie. 


III.

Mit dem Reich Gottes ist es so, wie wenn ein Mensch Samen aufs Land wirft  und schläft und steht auf, Nacht und Tag; und der Same geht auf und wächst. Noch ruht das Wort. Zwischen Schlaf und Aufstehen. Und wir wissen nicht wie.


Wie, als wir einst noch saßen und an den Mitgliedszahlen der Kirche zogen wie an Grashalmen und keiner schlafen konnte vor Sorge über das Wachsen der Kirche. Denn Wachsen ist unaufregend langsam und unspektakuläre und machmal passiert eben nichts. Samen säen heißt nichts weiter tun können. Heißt zuständig sein fürs Säen. Nicht fürs Wachsen lassen. Heißt schlafen und aufstehen - behutsam mit sich sein und nicht mit der einen Seele eine ganze Kirche auf dem eignen Rücken zu tragen oder eine ganze Gemeinde. Und wir fangen an, schlafen zu gehen nach dem Säen und werden frei für anderes Tun, als auf die Samen zu starren und sie zu zählen wie Erbsen in einem Glas. Gottes Worte bekommen Flügel und Beine und laufen mit uns an noch unbekannte Orte, wo sie in gute Erde fallen, denn nur an einer einzigen Stelle aussäen macht keinen Sinn, wenn ein großer Acker vor Dir liegt. Wir haben Zeit, das Aufblühen zu bestaunen und können darüber schlafen gehen und Aufstehen und das Wachsen liegt nicht wie ein Stein auf unseren Tagen, sondern reine Freude und gestärktes Vertrauen sind Früchte unseres Herzens, das Samen bildet, ohne dass wir es ahnen. Wir tun Dinge, weil sie uns wichtig sind und nützen und nicht weil sie Erträge bringen. Wir gehen nach Hause und glauben daran, dass es wächst. Wir machen uns keine Sorgen um das Reiche Gottes. Wir wissen gar nie wie.


IV.

Mit dem Reich Gottes ist es so, wie wenn ein Mensch Samen aufs Land wirft und schläft und steht auf, Nacht und Tag;  und der Same geht auf  und wächst – er weiß nicht wie. 

Von selbst bringt die Erde Frucht.


Noch ruht das Wort. 

Auch in mir drinnen. In allen meinen „hätte ich doch“s und „müsste ich mal“s. Es ruht noch. In meiner Unruhe. In meinen ungeklärten Fragen, die ich nie angehe, obwohl ich s mal müsste. Es ruht noch sehr in meinem müden Herzen, der falschen Zurückhaltung und meinen vereisten Händen. Und ich lege mir das Wort auf meine Augen, eines Morgens im Reich Gottes, mitten unter uns, und sehe, dass ich schön bin, dass ich genüge, dass ich nicht mehr strampeln muss. Ich muss lächeln. Genau jetzt. Weil es wahr ist. Und ich es fühlen kann. Worauf ich Teile meines Lebens nur warten konnte, beginnt wie von Zauberhand aufzubröckeln wie Erde von diesem kleinen Buckel, bevor die Pflanze nach draußen dringt. Drei Papiertüten mit ungenutzten Samen stehen noch da und es macht mir keinen Druck, dass ich sie bekommen habe von Gott und sie jederzeit werfen darf. In mir wachsen Pflanzen sogar auf Steinen und auf den Wegen. 


Die Sicheln sicheln Tag und Nacht und werden es niemals schaffen, so viel zu ernten. Das Reich Gottes fließt wie das Morgenlicht unaufhaltsam. 


Und ich?

Ich bin vernünftig und glaube an das Unmögliche. Amen.


Und der Friede Gottes, der höher ist als unsere Vernunft, der halte unsern Verstand wach und unsre Hoffnung groß und stärke unsre Liebe. Amen. 





.... Gott gibt sich in Deine Hände...

 Predigt über "Geistwasser"  im Universitätsgottesdienst der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg im Rahmen der Predigtreihe...