Sonntag, 21. Januar 2024

... von kleine Hoffnungsträger*innen

Predigt vom Hoffnung weiter geben


Predigttext ist eine Geschichte aus dem Ersten Testament. (2. Könige 5, 1-19a)


Die Geschichte erzählt von einem Krieg. Von zwei Kriegsländern.

Das Größere überfällt immer wieder das kleinere Land. 

Dort leben sie in Angst und Unsicherheit. 

Es gibt Tod und Not und Verschleppung.

Es gibt zwei Könige und einen Armee-Chef.

Der Chef der Armee im großen Land heißt Naaman.

Ein Kriegsheld. Ein Sieger. Ein angesehener Mann.

Er hat großen Reichtum erlangt durch seine Kriegszüge. 

Er ist beliebt beim König.

Er hat alles. Alles. Alles.

Außer einem: er ist nicht gesund.  

Seine Haut ist krank.

Die juckt, tut weh. Jeden Tag. 

Er will es loswerden. Er hat alles versucht.

Kein Geld, kein Einfluss, keine Macht, auch nicht Krieg und Raubzug, 

nichts davon kann ihn zu einem gesunden Mann machen.


In seinem Haus leben Sklaven und Sklavinnen.

Die hatte er aus dem kleinen Land verschleppt.

Sie müssen nun für ihn arbeiten, ob sie wollen oder nicht. 

Sie hätten allen Grund, ihn zu hassen und ihm schlecht gesinnt zu sein. 

Denn er hatte sie aus ihrer Heimat weg genommen, 

er hatte ihnen Gewalt und Leid angetan und sie von den Familien getrennt.

Eine dieser verschleppten Frauen, ein junges Mädchen, sieht, wie der Kriegsherr leidet. 

Sie sagt, ihr Prophet im kleinen Land, kann ihm helfen. 

Naaman hörte das. 

Ohne seine Armee, dafür mit Geschenken und einem Schutzbrief seines Königs 

reist er in das kleine Land.  

Die sind irritiert und glauben an einen perfiden Plan.

Der Prophet den die junge Sklavin meinte, der Prophet Elisa aber, 

lässt den großen Kriegsherrn zu sich bitten, um ihm auszurichten, 

dass er 7 x im Jordan untertauchen soll. 

Naaman rastet aus. 

Ein zerlumpter Prophet in einer alten Hütte und ein Bad im Fluss ist alles, 

was er zu seiner Heilung findet. 

Das hätte er auch zu Hause haben können. 

Er will nach Hause fahren, aber seine Sklaven überreden ihn, es zu probieren. 

Und er wird gesund.

Der Prophet lehnt alles Gold und Silber und alle Geschenke der Dankbarkeit ab. 

Der Kriegsherr nimmt Erde aus diesem Land mit, 

um in seinem Land auf dieser Erde dem Gott des kleinen Landes einen Altar zu bauen. 

Dieser Gott ist jetzt auch seiner. 

Zu Ende ist der Krieg damit leider nicht. 


Es ist eine Geschichte von einem, der gesund wird.

Und alle, die einmal heftig krank waren, alle, die jetzt krank sind, 

wissen, was es bedeutet, nach Heilung zu suchen. 

Wieder ein normales Leben haben zu wollen. 

Ohne Schmerzen, ohne Medikamente, ohne Ausnahmen, 

ohne Einbrüche in den Alltag. 

Aber Wunderheilungen erleben wir selten.

Wir alle kennen Menschen, die eben nicht wieder gesund wurden. 

Ich selbst habe viele Jahre als Krankenhauspfarrerin solche Menschen begleitet.

Und darum brauchen wir - und alle, die krank werden, solche geglückten Geschichten, 

die uns sagen: Gott ist noch da. Er ist nicht aus der Welt gegangen. 

Seine Kraft ist hier. Du darfst daran glauben und Hoffnung haben für Dich und andere. 

Denn in dieser Hoffnung steckt die Kraft des Lebens.


Ich finde aber, es wird hier noch eine ganz andere Geschichte erzählt. 

Nämlich die von einer besonders starken Stimme der Hoffnung. 

Es geht hier nämlich nicht um Macht und Gewalt, die richten hier gar nichts aus. 

Auch ein ganzes Kriegsheer hätte die Heilung des Naaman nicht beschleunigt. 

Im Gegenteil, seine Krankheit brachte ihn sogar dazu, 

loszuziehen ohne das Ziel der Vernichtung.

Die starke Stimme der Hoffnung, die für mich stärkste Person in dieser Geschichte ist, 

ist eine kleine und unbedeutende, schwache und verschleppte Person. 

Eine versklavte und gefangene Person. 

Eine Unterdrückte, eine Nichtswürdige. 

Die Fremde aus dem anderen Land. 

Die, mit der wir uns meistens nicht identifizieren würden. 

Sie war entführt worden. Aus ihrer Familie gerissen. 

Schutzlos. Einflusslos. Rechtlos. Machtlos. 

Sie hätte sich darüber freuen können, dass ihr Herr so krank ist.

Sie hätte allen Grund, trostlos zu sein und ihren Gott zu verdammen, 

der sie in ein solches Leben gestellt hat. 

Sie hätte kaum die Kraft haben dürfen, überhaupt ihre Stimme zu erheben.

Sie, ausgerechnet sie, erzählt einem anderen, wo er Hoffnung finden kann. 

Ausgerechnet sie, schwache Person, wendet damit die ganze Geschichte, 

lässt ihn seine Waffen einmal aus der Hand legen. 

Dann macht sich der große reiche Herr auf den Weg, 

um diese Hoffnung der jungen Frau aufzusuchen.

Und die Hoffnung sieht genauso lumpig und klein wie sie selbst aus. 

Dürftig, schlicht, unauffällig. 

Eine windschiefe Hütte und ein schlichter Prophet, 

dessen Therapie in der wenig versprechenden Alltagshandlung besteht, sich zu baden. 

Vielleicht hat er sich da gefragt: was habe ich da übersehen. 

Was haben sie, das ich nicht habe?

In dem Moment, wo er sich darauf einlässt, zu vertrauen, 

da lernt er diese Hoffnung kennen. Da lernt er Gott kennen. 

Oder eine Ahnung davon.

Vielleicht sogar nur eine Ahnung davon 

und selbst diese Ahnung ist stärker als das, was er kannte.





Die Bibel erzählt eine tief heilsame und friedensvolle Geschichte mitten in einer Kriegswelt. 

Sie erzählt von der Kraft einer Schwachen. Von der Größe Gottes im Kleinsten. 

Sie macht Gottes Kraft sichtbar.


Und falls wir uns in diesen Tagen einmal fragen, 

ob unsere kleine Stimme der Hoffnung gegen die Ängste der anderen 

und gegen Gewalt, Gebrüll und Mächte etwas wirken kann, 

ob unsere schwache Stimme etwas nutzt, 

können wir von der Gewissheit zehren, die in diesen Geschichten steckt:


Trau Deiner Hoffnung auf Gott. 

Ihre Kraft ist ihr nicht anzusehen. 

Ihre Kraft entfaltet sich im Leben. 

Sie wirkt ansteckend heilsam.

Daran darfst Du glauben. Amen.


Und der Friede Gottes, der höher ist als all unsre Vernunft, 

der halte unsern Verstand wach und unsre Hoffnung groß und stärke unsre Liebe. 


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