Samstag, 26. August 2023

Von der Kraft der Hoffnung und der Prophetie

Predigt zur Wiederinbetriebnahme der 351 Jahre alten 

Beckendorfer Decker-Orgel




Sie richtet sich auf.

 

Sie richtet sich auf.

Ihre Haut strafft sich.

Ach, atmen zu können!

Sie atmet tief ein.

Luft fließt in ihren Körper

Sie verharrt für einen Moment.

Tiefste Konzentration.

Alles in ihr ist jetzt bereit.

Sie ist wieder jung geworden.

Wieder neu geworden.

Hat ihre Stimme wieder gefunden.

Fühlt sich klar und stark in ihrem Körper.

Unfassbar für alle die sie vorher kannten.

Niemand hätte noch einen Cent auf sie gegeben.

Sie war zerbrochen und aus dem Leben getreten.

Ein hoffnungsloser Fall.

Sie war quasi nicht mehr existent.

Stofflich schon,

aber die Seele war vertrocknet. 

Zusammen mit allem.

Kein Leben war in ihr.

Es war als wären ihre Gliedmaßen 

durcheinander geraten 

und sie hätte vergessen, wie atmen und sich regen,

Gelenke und Bewegung, wie das geht.

Als wäre ihr Innenleben 

verpackt in Kisten und Decken, leblos.

Ihre eigene Hoffnung war schon zu Staub zerfallen.

 

Die neue Hoffnung kam von außen.

Aus dem Dunkel.

Zu ihr.

Es waren andere die für sie gehofft haben.

Alleine wäre sie nicht wieder 

von den Toten auferstanden.

Nicht an diesem Platz, 

nicht so schön,

selbstbewusst,

auch selbstbewusst ihres Alters

und all dessen was war.

Sie war jetzt.

Und sie war da.

Alle schauten sie erwartungsvoll an.

Dass einige nicht von ihr abgelassen hatten,

das hat ihren Weg möglich gemacht.


Bald schon, sagte eine alte Stimme, wird das wilde Bergland des Libanon in einen üppigen Obstgarten verwandelt, dicht bewachsen wie ein Wald. In dieser Zeit werden sogar Taube hören, was aus der Schriftrolle vorgelesen wird, und die Blinden kommen aus ihrer Dunkelheit hervor und können sehen. Wer niedergeschlagen war, freut sich wieder, weil der HERR selbst der Grund seiner Freude ist. Und die ärmsten Menschen brechen in Jubel aus über den heiligen Gott Israels.“ - sagt die alte Stimme.  (Jes 29)


Ja, genau so ist das.

Wenn Du aus der Dunkelheit heraus findest, 

wenn Du üppig und nicht mehr niedergeschlagen sein kannst 

und voll grundtiefer Freude.

So war es bei ihr. 


Sie holt Luft.

Ihre Haut strafft sich.

Ach, atmen zu können!

Sie atmet tief ein.

Luft fließt in ihren Körper

Sie verharrt für einen Moment.

Tiefste Konzentration.

Alles in ihr ist jetzt bereit.

Sie lässt ihre Stimme hören.

Zart und dann kräftig.

Und es war ihr als hätte sie 703 Stimmen.

Goldene und Schimmernde.

Wie ein ganzes Orchester.

Durch sie würden Hoffnungslieder und Hoffnungstöne 

und Tränentöne und Töne zum Lächeln klingen. 

So wie andere für sie Hoffnung hatten,

könnte sie nun selbst Hoffnung machen,

etwas zum Klingen bringen,

anrühren,

entzücken,

gut tun,

lösen.


Hier in Beckendorf hatten welche Hoffnung 

für einen übrig geblieben Haufen einer Orgel 

und für dieses Haus. Schaut und staunt, was daraus wurde!

Hier geht es um mehr als ein Instrument,

um mehr als Putz und Mörtel.

Oder?


Ja, jubelschön ist das,

wenn Du aus der Dunkelheit heraus findest, 

wenn Du üppig und nicht mehr niedergeschlagen sein kannst 

und voll grundtiefer Freude.


So war es bei ihm,

einem der vielen, denen Jesus begegnete.

Er war taub und ausgeschlossen.

Er konnte kein richtiges Wort finden.

Und Jesus nahm ihn an seine Seite.

Nahm ihn an seine Seite.

Und er wurde frei zu hören und zu sagen.


Vielleicht erinnerte er sich an die alte Prophetenstimme, die im Tempel immer gelesen wurde und endlich verstand er sie, weil er es selbst erlebt hatte, wie eine verrückte Hoffnung Wirklichkeit wurde: „Bald schon, wird das wilde Bergland des Libanon in einen üppigen Obstgarten verwandelt, dicht bewachsen wie ein Wald. In dieser Zeit werden sogar Taube hören, was aus der Schriftrolle vorgelesen wird, und die Blinden kommen aus ihrer Dunkelheit hervor und können sehen. Wer niedergeschlagen war, freut sich wieder, weil der HERR selbst der Grund seiner Freude ist. Und die ärmsten Menschen brechen in Jubel aus über den heiligen Gott Israels.“ - so klang die alte Verheißung.  


Und ich kann euch mit Sicherheit sagen, 

dass der Mann, der dies einmal schrieb, gerade in keinem üppigen Garten lebte. 

Dass Wunder passierten, war nicht seine Realität, 

dass es plötzlich trotz Trockenheit und Dürre blühte 

voll nährender und erfrischender Früchte, 

dass Menschen hörten, auf das Gute, aufeinander, auf das Leise, 

dass reihenweise Traurige und Arme 

fröhlich und sorglos aufsprangen eines Morgens 

- das war ebenso wenig seine Realität, wie es unsere ist.

  

Eher, dass es ruppiger wurde im Leben und so kompliziert, lauter, undurchschaubarer. 

Da waren Verwirrte und Widerspenstige und Tyrannen, 

Unrechttuer, Verurteiler und Umsrechtbringer. 

Das war seine Realität.


Aber er war mit seinen Worten der, 

der den Schirm hochhielt in der Reisegruppe des Lebens 

mit dieser Hoffnung, 

die Gott ihm ins Herz geschenkt hatte. 

Geschenkt hatte, um sie zu teilen. 

Solche Hoffnungsworte, die sich wie ein Anker in Dein Herz legen 

und an deren Ende der Ankerkette spürbar eine Kraft wohnt, 

die Du nur ahnst. 

Aber die gut ist und stark.


Hoffnungsworte können was.

Hoffnungsworte, Mutworte, 

die ein anderer für mich hat 

und die ich für andere habe.

Sogar wortlose Worte in einer Umarmung.

Die können machen, 

dass ich wieder Luft holen kann.


Hoffnungsworte hören

ist wie atmen

wenn es dunkel ist,

wenn es zerbrochen scheint

wenn es still steht und nicht weiter geht

wenn alles unsicher wird.


Verwandelt wirst Du, 

um durch das wilde Bergland des äußeren und inneren Lebens streifen zu können. 

Sogar, wenn alles nur daliegt wie ein Haufen. 

Es wird einer/eine kommen mit einer Hoffnung.


Und das weiß ich jetzt: der ist ja schon gekommen. 

Und der baut auf und bringt zusammen. 

Er heilt, die zerbrochenen Herzens sind, 

und verbindet ihre Wunden. 

Er zählt und nennt sie alle mit Namen. 

Er ist groß und von großer Kraft, 

und unermesslich ist seine Weisheit. 

Er sendet sein Wort, da schmilzt der Schnee. 


Von dieser Hoffnung hörte ich einmal selbst 

an solchen Orten, wie diesem hier, 

darum brauche ich solche Orte 

und brauche ich so eine Gemeinschaft, 

die mit mir an verrückte Hoffnungen glaubt 

und sich gegenseitig erzählt, wo Gott Kraft gegeben hat, 

egal, welche Zeiten gerade mich umgeben. 

 

Es gibt nicht nur Hoffnungsworte, auch Hoffnungsorte. 

Dies hier ist einer. 

Und Du. 

Du selbst bist ein Hoffnungsort. Amen.



Und der Friede Gottes, der höher ist als unsre Vernunft, 

der halte unsern Verstand wach und unsre Hoffnung groß 

und stärke unsre Liebe. Amen.

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