Samstag, 22. Juni 2019

Lesung und Predigt für den 23. Juni 2019


Evangeliumslesung: Lukas 16,19-31

Jesus erzählt die Geschichte
von einem armen Mann und
von einem reichen Mann.

Einmal erzählte Jesus die Geschichte von einem armen Mann
und von einem reichen Mann.
Jesus wollte mit der Geschichte erklären:
Warum es wichtig ist, dass die reichen Leute sich um die armen
Leute kümmern.
Die Geschichte von Jesus ging so:
Es war einmal ein reicher Mann.
Der reiche Mann hatte herrliche Kleider.
Und jeden Tag das allerbeste Essen.
Und ein großes, gemütliches Haus.
In der gleichen Zeit lebte ein armer Mann.
Der arme Mann hieß Lazarus.
Lazarus hatte nichts zu essen.
Und nichts Warmes zum Anziehen.
Und kein Haus zum Wohnen.
Außerdem war Lazarus krank.
Lazarus saß den ganzen Tag draußen vor dem Haus von
dem reichen Mann.
Lazarus dachte, dass der reiche Mann ihm etwas zu essen gibt.
Aber das tat der reiche Mann nie.
Nur manchmal kamen einige Hunde.
Und schnüffelten an Lazarus.
Eines Tages starb Lazarus.
Lazarus kam in den Himmel zu Gott.
Und zu den Freunden von Gott.
Dann starb auch der reiche Mann.
Der reiche Mann kam in die Unter·welt.
In der Unter·welt sind die Menschen, die mit Gott nichts zu tun
haben wollen.
Und die mit den Freunden von Gott nichts zu tun haben wollen.
Und die sich nie um andere Leute gekümmert haben.
In der Unter·welt ging es dem reichen Mann schlecht.
Der reiche Mann hatte Schmerzen.
Und Hunger.
Und Durst.
Er fühlte sich ganz alleine.
Der reiche Mann konnte Lazarus bei Gott im Himmel sehen.
Der reiche Mann merkte, dass Lazarus bei Gott im Himmel glücklich war.
Und dass Lazarus jetzt ganz gesund war.
Und genug zu essen hatte.
Und zu trinken.
Und zum Anziehen.
Und dass Lazarus viele gute Freunde bei Gott im Himmel hatte.
Einer von den Freunden hieß Abraham.
Der reiche Mann rief laut:
Abraham.
Du sollst Lazarus zu mir schicken.
Lazarus soll mir frisches Wasser zu trinken geben.
Hier in der Unter·welt ist es ganz schrecklich.
Abraham sagte zu dem reichen Mann:
Nein. Das geht nicht.
Lazarus kann nicht zu dir kommen.
Kein Mensch kann von Gott im Himmel zu euch in die Unter·welt
kommen.
Dafür gibt es keinen Weg.
Außerdem denk mal nach:
Lazarus hat das ganze Leben lang vor deinem Haus gesessen.
Lazarus hatte keinen Platz zum Wohnen.
Lazarus war krank.
Und hatte Hunger.
Und Durst.
Und nichts zum Anziehen.
Aber du hast Lazarus nie geholfen.
Der reiche Mann sagte zu Abraham:
Ja, das stimmt.
Aber dann soll Lazarus wenigstens zu meiner Familie gehen.
Lazarus soll meiner Familie sagen:
   Ihr sollt den Armen helfen.
   Damit ihr zu Gott in den Himmel kommt.
   Bei Gott im Himmel ist es schön.
   In der Unter·welt ist es schrecklich.
Abraham sagte zu dem reichen Mann:
Nein. Lazarus soll nicht zu deiner Familie gehen.
Deine Familie weiß selber, dass ihr den armen Leuten helfen sollt.
Weil alles in der Bibel steht.
Aber deine Familie lacht über die Bibel.
Und über alles, was in der Bibel steht.
Und über Gott.
Wenn Lazarus zu deiner Familie geht,
dann lacht deine Familie auch über Lazarus.

(aus: evangelium-in-leichter-sprache.de)



Predigt

Ein Schild: „Bitte nicht stören“ wird aufgehängt



Dass Gott uns auch immer solche Lazarusse vor die Tür setzen muss! Oder?
Dem Reichen hat er den Armen Lazarus vor die Tür gesetzt.
Das war seine Chance, das Wort Gottes tatsächlich zu tun.
Gott hat sie ihm gegeben.
Jeden Morgen hatte er die Chance dazu.
Gleich nach dem Aufstehen.
Er hätte ihm ein halbes Brötchen mit rausnehmen können
oder die zwei Äpfel, selbst wenn sie schrumplig gewesen wären,
es hätte ihn nichts (!) gekostet.
Er hätte ihm eine Decke bringen können oder die abgelaufenen Reste aus seinem Kühlschrank.
Und da reden wir noch gar nicht von alten Kleidern oder eines der zehn Schuhpaare oder ein paar Cent für das öffentliche Bad.
Da reden wir nur von dem, was anfällt vom Überfluss.
Da reden wir noch nicht von echten Einschnitten 
oder gar vom Teilen. 
Und abends hat Gott ihm nochmal eine Chance gegeben.
Wenn er zurück kam von seiner Arbeit.
Wenigstens ein Wort.
Ein Lächeln.
Den anderen ansehen.
Ihn sehen.
Seine Not sehen.
Seine Bedürfnisse sehen.
Und damit die eigenen Möglichkeiten sehen.
Aber das Gesicht versteinerte er zu einem „sprich mich nur nicht an“- Gesicht.
Nicht mal Reden war drin.
Der Reiche hat es versemmelt.
Seine Chancen - hunderte, tausende hatte er bekommen.
Er hat sie nicht genutzt.

Solche Lazarusse, die einem so vor die Tür gesetzt werden von Gott - die ganze Geschichte ist eigentlich voll davon, oder?
Voll von Kriegen und voll von Entscheidungen die Waffe zu nehmen oder nicht.
Voll von Streit und das Wort des Friedens auf der Zunge aber runtergeschluckt.
Voll von Gewalt und der Respekt und die Güte saßen die ganze Zeit wartend vor der Tür, sie wurden noch nichtmal wahrgenommen.  
Voll von Abgrenzung um jeden Preis durch die ganze Menschengeschichte und die Freundlichkeit und Barmherzigkeit und die Augenhöhe saßen hilflos daneben.
Und Frauen und Männer haben sich gehasst und missachtet, die Gleichberechtigung hatten sie sogar absolut in den Keller gesperrt, die Chancen über Jahrhunderte nicht nur nicht genutzt, sondern sogar verdeckt und verdammt.
Lazarusse vor unserer Tür,
soweit das Auge reicht.
Chancen, Herausforderungen oder vielleicht sogar Provokationen Gottes?
Er setzt Unglückliche, Arme und Fliehende in ein Meer und gibt uns die Seenotrettungsboote dazu und wir lassen sie an Land,
er gibt uns das Köpfchen und den Verstand die Natur zu verstehen und die Fähigkeit zu staunen und zu wundern über die Vielfalt und Einzigartigkeit und wir nutzen sie so, dass all diese Schönheit Tag für Tag mehr Schaden nimmt.
Wir haben unendliche Chancen und nehmen auch gerne etwas davon aber nicht das ganze Paket. Mal das Klopapier aus Recycling - aber bitte nicht auch noch all das andere. 
Und ich sage „wir“ und meine mich auch
denn wer schafft das schon alles einzulösen und zu überblicken?
So spielen wir eines um das andere aus,
denn die Lazarus haben sich angesammelt und fühlen sich mittlerweile bedrohlich viel an. 
Und deine  ganz persönlichen Lazarusse,
die kennst du wohl selbst am besten.
Deine vergebenen Chancen.
Wo du selbst täglich Chance hättest auf bessere Entscheidungen und es einfach nicht schaffst.

Und dann setzt Jesus noch einen  drauf.
Da saßen vor 2000 Jahren die ersten Christen und wollten bewahren, was sie von Jesus wussten. 
Johannes, der Evangelist schrieb es für seine Gemeinde auf.
Eine Gemeinde, die von anderen verlacht und nicht respektiert und sogar verfolgt wurde. Er wollte klarstellen, dass die Bibel gilt. Von vorne bis hinten. Dass Jesus konkret gemacht hat, was das für unser Leben bedeutet, nämlich:
Selig seid ihr, wenn ihr einfach lebt. 
Selig seid ihr, wenn ihr Lasten tragt.
Selig seid ihr, wenn ihr lieben lernt.
Selig seid ihr, wenn ihr Güte wagt.
Selig seid ihr, wenn ihr Leiden merkt.
Selig seid ihr, wenn ihr ehrlich bleibt.
Selig seid ihr, wenn ihr Frieden macht.
Selig seid ihr, wenn ihr Unrecht spürt.

Realität war, dass die Menschen darüber lachen.
Darum hat Johannes eine Rede Jesu in sein Evangelium aufgenommen, die auch einen anderen Jesus zeigt. Einen Jesus, der verbittert klingt, wütend und hart: 
Jesus sagt: „Ihr forscht in der Schrift, weil ihr glaubt, dass sie euch das ewige Leben geben kann. Und gerade sie verweist auf mich! Dennoch weigert ihr euch, zu mir zu kommen, damit ich euch das ewige Leben schenken kann. Eure Zustimmung oder Ablehnung kümmert mich nicht, weil ich weiß, dass ihr Gottes Liebe nicht in euch habt. Ich bin im Namen meines Vaters gekommen, aber ihr wollt mich nicht akzeptieren, obwohl ihr andere, die nur in ihrem eigenen Namen auftreten, bereitwillig akzeptieren werdet. Kein Wunder, dass ihr nicht glauben könnt! Denn ihr seid stets bereit, euch gegenseitig zu ehren, die Ehre aber, die nur von Gott kommen kann, bedeutet euch nichts. Meint nicht, dass ich es bin, der euch beim Vater anklagen wird. Mose wird euch anklagen! Ja, Mose, auf den ihr eure Hoffnungen gesetzt habt. Wenn ihr Mose geglaubt hättet, dann hättet ihr mir geglaubt. Und wenn ihr schon nicht glaubt, was er aufgeschrieben hat, wie werdet ihr da glauben, was ich sage?« (Joh 5, 39-47)

Eine Rede ist das gegen Leute die sich alles zurecht legen wie es ihnen passt. Jesus sagt: Es gilt! Die Bibel gilt. Für dich. Sie soll keine erstickende Kette für dein Leben sein. Sie hat mehr Leben für dich als du denkst.

Das alles ist für einen Sonntag ziemlich ernst. Gott erscheint so unerbittlich heute. Es ist so voller Erwartungen an mich. Wenig erbaulich. Aber Glaube ist ernst. Ernst gemeint. Die Worte der Bibel stören. Sie stören uns manchmal in unseren Pfaden, weil sie uns herausfordern. Immer wieder herausfordern. Uns an unsere Grenzen bringen. Und nicht immer wollen wir gestört werden, sondern unser Ruhe haben. Zurecht kommen. Leben.

Damals haben etliche Jünger Jesus deswegen verlassen. Ihnen wurde das zu viel. Als er einmal traurig fragte, ob auch die anderen noch gehen würden, da antwortete Petrus: „Herr, wohin sollen wir gehen? Du hast Worte des ewigen Lebens.“ (Joh 6) 

Denn diese Regeln, die hat Gott nicht gemacht um mich klein zu machen, zu überfordern, um mich scheitern zu lassen. Er hat diese Regeln gemacht, damit ICH Liebe erfahre, Güte, Freundlichkeit, Barmherzigkeit, Augenhöhe, Gleichberechtigung, Achtung, Toleranz, Freundschaft, Frieden. Für mich hat er das gemacht. „Damit es dir wohl ergehe und du lang lebest auf Erden.“  (5.Mose 5) 

Zu Mutter Theresa, 
die vielleicht viel mehr dieser Lebensregeln geschafft hat, als wir alles zusammen, 
sagte einer: 
„Den Leprakranken in die Arme schließen so,
wie du es tust und so
in meinem Schoß ihn sterben lassen -
das könnte ich nicht für Tausend Dollar!“

Sie sagte: „Ich auch nicht.“

„Herr, wohin sollen wir gehen? Du hast Worte des ewigen Lebens.“ (Joh 6) Amen.

Das Schild: „Bitte nicht stören“ wird umgedreht.
Auf der Rückseite steht "Bitte Stören".


Und der Friede Gottes, welcher höher ist, als all unsere Vernunft, mache unseren Herzen Mut und bewahre uns in Jesus Christus. Amen.

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