Samstag, 6. Juli 2019



Predigt am 7. Juli 2019

Wie wäre mein Leben verlaufen, WENN……
- wenn ich in einer anderen Haut geboren wäre,
als Frau oder als Mann,
mit anderen Eltern,
weniger nett als meine, viele liebevoller als meine…
Wie wäre mein Leben verlaufen, wenn…
ich nicht gesund zur Welt gekommen wäre,
oder in einem Slum irgendwo in Indien,
in einer Millionärsfamilie  irgendwo in einem reichen Land
oder nicht in Ost- , sondern  in Westdeutschland.
Wie wäre mein Leben verlaufen, wenn….
ich mehr oder weniger Geschwister gehabt hätte,
einen völlig anderen Beruf gelernt,
wenn meine Großeltern länger gelebt,
vielleicht wichtige Menschen, nicht schon gegangen wären.
Wie wäre mein Leben verlaufen, 
wenn ich das Talent gehabt hätte, Klavier zu spielen
oder Marathon zu laufen,
wenn ich eine Villa geerbt hätte oder mein Haus wäre abgebrannt und ich hätte nocheinmal von vorne anfangen müssen, was, wenn ich nicht diese Freunde gehabt hätte,
wenn ich schwer krank geworden wäre, 
oder manche Erkrankungen nicht bekommen hätte.
Wie wäre mein Leben verlaufen,
 wenn ich nicht konfirmiert worden wäre 
oder wenn ich gläubiger und christlicher gelebt hätte,
wenn ich mir manchmal nichts vorgemacht hätte,
ehrlicher gewesen wäre, freier, ungebunden, liebevoller.
Wie wäre mein Leben verlaufen mit einem Partner oder ohne einen. Mit anderen Chancen. 
Einer anderen Nase.
Einem anderen Selbstbewusstsein.

Wie wäre mein Leben verlaufen,
denkt sich Paulus, 
wenn ich weiter mit lauter Stimme gegrölt und es besser gewusst hätte als die anderen und Jesus nicht bemerkt hätte
an meinem Lebensweg. Was wenn ich einfach so durchmarschiert wäre wie alle anderen. Leben. Essen. Schlafen. Gewinnen. Cool sein. Der/ die beste sein. Die meiste Arbeit haben. Wichtig sein. Das Leben feiern, weil das alles ist, was zählt. Man wird nicht jünger. Man bekommt nichts geschenkt. Muss ja. Muss gehen. Ist alles nur Zufall. Schicksal. 

Du hast mich echt gerettet, 
sagt Paulus.
Vor den falschen Prioritäten im Leben. 
Am meisten aber vor mir selbst.
Hast du mich gerettet.

Gott.

Ich habe das Gefühl, du bist mir regelrecht nachgelaufen.
Dabei war ich es, der sich nicht für dich interessiert hat.
Ich habe mich mehr für mich interessiert.
Ich kann es gar nicht glauben. 
Das dir an einem Menschen wie mir was liegt.
Ich bin wirklich nichts Besonderes.
Mach so vor mich hin.
Da gibt es ganz andere.
Aber ausgerechnet mich willst du.
Ganz und gar.
Selbst wenn ich völlig neben den Weg geraten bin.
Mir schwant
das es keine Zufälle gibt.
Ich ahne, dass es keinen Weg von dir weg gibt.
Ich vermute, dass ich näher bei dir 
ein besserer Mensch sein könnte.
Gelöster.
Freier.
Dankbarer.
Barmherziger.
Nicht nur mit anderen.
Auch mit mir selbst.
Und mit dir.
Und darum sage ich aus so tiefem Herzen: 

Ich danke unserm Herrn Christus Jesus, der mich stark gemacht und für treu erachtet hat und in das Amt eingesetzt, mich, der ich früher ein Lästerer und ein Verfolger und ein Frevler war; aber mir ist Barmherzigkeit widerfahren, denn ich habe es unwissend getan, im Unglauben.  Es ist aber desto reicher geworden die Gnade unseres Herrn samt dem Glauben und der Liebe, die in Christus Jesus ist. Das ist gewisslich wahr und ein teuer wertes Wort: Christus Jesus ist in die Welt gekommen, die Sünder selig zu machen, unter denen ich der erste bin.  Aber darum ist mir Barmherzigkeit widerfahren, dass Christus Jesus an mir als Erstem alle Geduld erweise, zum Vorbild denen, die an ihn glauben sollten zum ewigen Leben. Aber Gott, dem ewigen König, dem Unvergänglichen und Unsichtbaren, der allein Gott ist, sei Ehre und Preis in Ewigkeit! Amen. 

Und Gott.
Gott könnte sagen:
Mein liebstes Kind,
ich habe dafür gesorgt, 
dass du nicht in einer anderen Haut geboren wurdest,
sondern als die Frau und als der Mann, als Du,
mit diesen Eltern, Großeltern, Paten oder Ersatzeltern.
Ich habe dafür gesorgt, dass du da zur Welt gekommen bist, wo du richtig warst. Hier. Wo du hingehörst. Weil dies der beste Platz für dein Leben ist.
Du bist den Menschen begegnet, die wichtig für dich waren. egal, wie kurz oder lang diese Bewegung war.
Du hast Sinnvolles getan.
Du hast genau die richtigen Talente. 
Ich habe dafür gesorgt, dass du nicht komplett alleine dastehst, wenn es brenzlig wurde.
Ich habe deinen zerbrechlichen Körper mit Kraft versorgt, wie es möglich war.
Auch dann, wenn meine Wege dir Schmerz bereitet haben.
Ich habe dich gefunden.
Darum bist du heute hier.
Ich bin dir nachgelaufen, nachgegangen, nachgerannt.
Ich habe dich nicht gelassen -
egal ob du gläubig gelebt hast, wie du das nennst.
Und das obwohl ich wusste, dass du dir manchmal etwas vormachst, dass du freier sein könntest und liebevoller.
Du hast genau die richtige Nase und das richtige Selbstbewusstsein. Und manchmal weiß ich, was da noch in dir schlummert. 
Ich wusste, du würdest nicht einfach so durchmarschieren, 
Leben. Essen. Schlafen. Gewinnen und glauben alles sei nur Zufall. 
Stell dir nur einen Moment vor: ich habe dich so gewollt.
In meinem Herzen ist eine große Liebe für dich.

Was wäre wenn. 
Das bewege ich manchmal in meinem Kopf.
Und was wäre wenn du an Gott glaubst.
Einfach so.
Ohne Wissen.
Nur glauben.
Eines weiß ich:
Ob ich an Gott glaube oder nicht,
ändert nichts an Gottes Existenz.
Aber an meiner. Amen.

Und die Liebe Gottes, des Vaters und das Bild vom auf uns  wartenden Vater, mit weiten weiten Armen, kehre ein in unsere Herzen und Sinne. Amen.





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