Predigt zum Winzergottesdienst
und 1. Advent in Laucha / Unstrut
In all der Unsicherheit dieser Zeit
würde ich gerne soetwas wie Ranken haben.
Ihr wisst schon, diese
winzigen dünnen räkelnden kringelnden
hartnäckigen umschlingenden Ranken.
Habt ihr schon mal wilden Wein
von einer Hauswand gerissen?
Oder die abgeschnittenen Reben vom
Rankel-Draht?
Diese winzige kleine Pflanze!
Da hängst du dran wie ein Schluck Wasser.
Mit unscheinbaren kleinen Fäden
sucht sie Kontakt, wo sie nur kann.
Sie wickelt und saugt sich fest.
Sie sorgt für Halt gegen Stürme und Schwere.
In all der Unsicherheit der Zeit
würde ich gerne so etwas wie Ranken haben,
mich festwickeln an guten Worten,
Kontakt suchen, um Sicherheit zu spüren,
Halt für alle Stürme und Schwere meines Lebens.
Zu anderen bräuchte ich als Pflanze etwas Abstand,
dass mir das Leben und das Leben der anderen
nicht so auf die Pelle rücken, sodass ich kaum noch atmen kann,
sodass ich mich nur noch um die anderen und ihre Belange kümmere,
sodass die Pflanzen der anderen so viel Schatten auf mich werfen
und mir das Wasser abgraben.
Auf dem Weinberg stehen sie in gutem Abstand.
Um sich nicht anzustecken.
Um gute Frucht bringen zu können.
Um genug nährendes Licht und stärkenden Regen abzubekommen.
Das brauche ich auch für mich.
Ich mickere förmlich vor mich hin,
wenn ich nicht genügend Raum für mich selbst habe,
wenn mir andere zu nahe kommen,
wenn ich keinen wirklichen Platz eingeräumt bekomme.
Pandemien und gar nicht so ferne Kriege und Unsicherheit
sind über mich Pflanze die letzten Jahre hinweg gegangen,
das hat schon gerüttelt an meinem Leben.
Und meine Ranken haben geschaut, wo sie einhaken können,
wo sie sich fest herum wickeln können, damit es mich nicht herausreißt.
Ich habe manchmal aufgeatmet,
dass ich noch so da stehe
und nicht kaputt gegangen bin.
In so manchem weltlichen und privaten Chaos.
Irgendwie…
hab ichs geschafft.
Du auch, oder?
Du hast es auch geschafft, hast Dich irgendwo dran festgehalten.
An einem guten Zu Hause. An denen, die Dir lieb sind.
An dem, was Du gerne machst. An dem, wo Du Dich sicher fühlst.
An Schönem auch, auch daran kann man sich festhalten,
an Musik und ganz sicher auch mal an einem guten Glas Wein.
Und doch kann es passieren, dass die Pflanze -
nicht richtig festgebunden… in die falsche Richtung gewachsen…
krank geworden… in einen unerwarteten Sturm geraten…
mal abfällt von der Wand, vom Gerüst, von dem, was sie hält.
Denn Wein ist eine Kletterpflanze,
sie braucht ein Stützgerät in irgendeiner Form,
künstlich oder natürlich, das sie hält.
Aufrecht hält, denn sie selbst
kann ihre großen schweren Früchte nicht alleine tragen.
Sie würde abknicken, einknicken, verkrümmen,
herunter hängen, nicht mehr aufrecht sein.
So wie ein Mensch ohne Halt.
Diesen Halt den suche ich in meinem Leben.
Ich finde ihn in der Liebe, in dem, was ich mir aufgebaut habe,
dann, wenn ich was gestalten kann - aufrecht sein kann, ohne Gefahr zu knicken.
Aber so ist es nicht immer.
Es kann schon passieren, dass es mir den Boden unter den Füßen weg reißt.
Da helfen auch der Pflanze die überall herum gerankelten Ranken
im schlimmsten Sturm nicht.
Und es kann passieren, dass das Leben,
die blöde Kuh,
einfach Reben abknipst oder stutzt.
Könnte passieren. Gott sei Dank, nicht allzu oft.
Und da kommt dieser Jesus ins Spiel.
Er ahnt, wie wild Dein und mein Leben werden können.
Er ahnt, dass wir manchmal leichtfertig unterwegs sind.
Er ahnt, dass die Ranken, die sich leicht um Vergängliches winden,
nicht die totale Sicherheit geben.
Er ahnt, dass Du und Ich, dass wir etwas Tiefes brauchen,
ähnlich wie die immer tiefer werdenden Wurzeln eines guten Weinstocks,
die mit dem Alter tiefer und tiefer werden.
Um Dir und mir klar zu machen,
wie er selbst uns stärkster Halt des Lebens sein kann,
hat er uns dieses Bild mitgegeben:
Den Weinstock.
Der Weinstock ist das, wo alles heraus wächst.
Er kann gut 100 Jahre alt werden.
Jesus sagt: wenn Du mit mir durch Dein Leben gehst,
kann ich für Dich den Halt bieten, den ein Weinstock seinen Reben,
seinen Zweigen bietet,
einen endgültigen Halt im Leben.
Einmal sagte Jesus zu seinen Freund*innen:
Bei mir ist es wie mit einem Weinstock.
Und mit einem Winzer.
Ich bin der Weinstock.
Gott im Himmel ist der Winzer.
Der Winzer ist ein besonderer Gärtner für den Weinstock.
Gott im Himmel ist ein guter Winzer.
Der gute Winzer sorgt gut für den Weinstock.
Der gute Winzer schneidet alle schlechten Zweige vom Weinstock ab.
Die anderen Zweige reinigt der gute Winzer.
Damit die Zweige gute Weintrauben tragen.
Jesus sagte zu seinen Freund*innen:
Ich bin der Weinstock.
Ihr seid die Zweige, die Reben
Ihr seid gute Zweige.
Weil ihr zugehört habt, wenn ich euch von Gott erzählt habe.
Ihr seid schon fest mit mir verbunden.
Die guten Zweige müssen fest am Weinstock bleiben.
Dann können an den Zweigen viele Weintrauben wachsen.
Wenn die Zweige vom Weinstock abknicken, vertrocknen die Zweige.
Dann können keine Weintrauben an den Zweigen wachsen.
Die vertrockneten Zweige verbrennen im Feuer.
Jesus sagte zu seinen Freund*innen:
Bei euch ist es wie bei den Zweigen.
Die Zweige müssen fest am Weinstock bleiben.
Dann wachsen an den Zweigen viele Weintrauben.
So müsst auch ihr mit mir verbunden bleiben.“
Ein starkes Bild und ein brachiales Bild.
Aber in der Bibel gehts immer um Echtes.
Hier geht es um Echtes.
Es geht um das was mich aufrecht hält
und es geht um das, was uns zusammen hält.
Du entfalte Dich als wärst Du eine wundervolle Pflanze, sagt Jesus.
Ich bin der Stock, der Dir Wurzeln gibt für dein Leben
und Rankeln für Deine Stürme,
und Süße, Früchte, Wunderbares.
Und noch mehr:
Du bist ja nicht die einzige hübsche Rebe.
An dem Stock wachsen viele - Rebe um Rebe.
Keine Rebe kann sich ihr Nebenrebe aussuchen.
Es wachsen viele. Nebeneinander. Miteinander.
Das ist noch ein zweites Bild,
das Dich stärken soll an diesem Sonntag.
Dieses „bei-einander-sein“!
Nichts anderes hält diese Welt zusammen,
als solch beinander-bleiben,
weil wir aus dem selben Stoff sind und weil wir nebeneinander gestellt sind,
wie Reben an einem Stock.
Nichts hat diese Welt je so voran gebracht und immer wieder erhalten -
als das „zusammengehören“ der Menschen.
Das gibt es.
Es ist hier.
Jetzt gerade:
Das Nebeneinander-sein.
Das selbst-gehalten-sein
und einander-halten.
Wir haben es, damit
diese Welt nicht bericht
nicht abreißt und abknickt.
Lebt es!
Sagt Jesus
Lebt es!
Amen.
Und der Friede Gottes, der höher ist als unsre Vernunft,
der halte unser Verstand wach und unsre Hoffnung groß
und stärke unsre Liebe. Amen.
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