Predigt in Oschersleben
zum 100. Jubiläum der Kantorei
... über die Bachkantate "Sei Lob und Ehr dem höchsten Gut"
Hier kann man die Kantate anhören
Dieses ist kein leeres Wort,
sondern es ist Euer Leben. (Deut. 32,47)
Das Wort, das Du hier hörst,
das macht etwas mit Dir.
Gottes Worte sind keine leeren Versprechungen.
Dieses ist kein leeres Wort,
sondern es ist Euer Leben.
120 Jahre alt ist der, der so spricht
- er spricht aus langer Lebenserfahrung.
Er ist einer, der sich den Gottesworten
wie kein anderer ausgesetzt hat und das ist sein Testament
am Ende eines ereignisreichen Lebens,
in dem Gott ihn oft überfordert hat
und gleichzeitig mit Wundern überschüttet.
Kurz bevor er stirbt tut er zwei Dinge:
ein Lied von Gottes Größe singen und alle segnen.
Dann lässt Gott ihn noch das wunderschöne Land sehen,
in dem seine Kinder und seine Menschen
endlich ein zu Hause finden werden.
Dann wird er sterben.
Und man wird ihn, Mose, beerdigen.
Lebenssatt. Im Frieden.
Aber eins will der alte Mose zuvor allen sagen:
Wie er Gott geliebt hat.
Und dass alle die nach ihm kommen
Gott die Ehre geben sollen:
„Merkt auf, ihr Himmel, ich will reden,
und die Erde höre die Rede meines Mundes.
Meine Lehre rinne wie der Regen, und meine Rede riesele wie Tau,
wie der Regen auf das Gras und wie die Tropfen auf das Kraut.
Denn ich will den Namen des HERRN preisen.
Gebt unserm Gott allein die Ehre! Er ist der Fels.“
(Deut 32, 1-4a)
Dieses ist kein leeres Wort,
sondern es ist Euer Leben. (Deut. 32,47)
1985. Ein Schulhof in der DDR.
Vor mir baut sich der KlassenAlpha auf.
Er ist laut und hübsch und viele hören auf ihn,
man lacht über seine Witze,
man verehrt, den er verehrt,
man verachtet, den er verachtet.
Es ist Hofpause, er steht vor mir und lacht mich aus.
Reißt die Arme auseinander wie Jesus am Kreuz,
kreuzt die Beine
und lässt theatralisch den Kopf auf die Brust fallen.
Filmreif eigentlich.
Dann lacht er irre.
Das macht er wieder und wieder.
Laut schreit er:
„Du und Dein scheiß Jesus!
Der kann doch nichts!“
Ich weiß, dass mich niemand unterstützen wird.
Die anderen wenigen Christenkinder schauen still.
Die Lehrerinnen … wer weiß, feixen vielleicht.
Niemand greift ein.
„Du und Dein scheiß Jesus!
Der kann doch nichts!“
Es ist einer der Tage,
an denen ich mit einem Eintrag nach Hause gehe.
Ich hab ihn in Jesu Namen vermöbelt.
Weiß nicht so ganz, ob das in Jesu Sinne war.
Aber es hat mich gerettet.
Es hat mich auch innerlich gerettet.
Nicht nur meine Würde.
Denn das fragte ich mich natürlich auch.
Was kann Gott denn? Was kann denn dieser Jesus?
Mit 12 wusste ich das noch nicht.
Wenn ich hier gerade und heute den Satz von Mose höre,
dann kriege ich eine Gänsehaut.
Dieses ist kein leeres Wort,
sondern es ist Euer Leben.
Da krieg ich Gänsehaut.
Weil es stimmt.
Weil es stimmt.
Dem Vater aller Güte,
Dem Gott, der alle Wunder tut,
Dem Gott, der mein Gemüte
Mit seinem reichen Trost erfüllt,
Dem Gott, der allen Jammer stillt.
Stellt Euch nur vor,
wir alle würden jetzt gleich hier vorne auf den Altar legen,
nebeneinander und übereinander:
wo wir hoffnungslos verloren waren oder böse daneben lagen,
so richtig falsch
und wo wir Güte erfahren haben…
wo wir traurig waren, untröstlich
und am Ende, wenn auch nicht gleich
oder nur nach und nach aber doch getröstet heraus gingen,
wo wir voll Jammer waren
und nur Heulen und Fluchen in uns war oder stille Verzweiflung
und das durfte gestillt werden in uns.
Stell Euch vor - und die gerade gesungene Kantate
stellt sich das vor:
alle unverdiente Güte
und reicher Trost
und gestillter Jammer von uns allen hier
- vorne übereinander, bis an die Decke.
So viel Hilfe!
….keine leeren Worte, sondern unser Leben…
Was kann Gott denn? Was kann denn dieser Jesus?
Mit 12 wusste ich das noch nicht.
Heute könnte ich davon erzählen.
Dem Vater aller Güte,
Dem Gott, der alle Wunder tut,
Dem Gott, der mein Gemüte
Mit seinem reichen Trost erfüllt,
Dem Gott, der allen Jammer stillt.
Gebt unserm Gott die Ehre!
Jede einzelne dieser 9 Strophen
wird so enden hat der Dichter
Johann Jakob Schütz entschieden
und Bach hat es musikalisches Ausrufezeichen
werden lassen.
Gebt unserm Gott die Ehre
Ausrufezeichen
1730. Ein Schreibtisch in Leipzig.
SDG
setzt Bach unter die eben geschriebenen Noten,
wie unter viele seiner Kompositionen
SDG
soli
deo
gloria
- „allein Gott sei Ehre“
Auch Bach könnte erzählen,
sicher nicht von DDR-Schulhöfen,
aber von selbst Erlittenem,
mit 9 ist er Waise geworden und
als Vater hat er die Hälfte seiner Kinder
noch im Kindesalter verloren.
Was diese alte Komposition der Worte und Noten,
so eine alte Kantate
uns heute noch erzählen,
ist die Kunst
Jammer und Wunder nebeneinander im Leben zu sehen
und trotzig und leidenschaftlich und trostvoll
Loblieder zu singen.
Voll Gewissheit zu singen in mancher Zerstörung:
Was unser Gott geschaffen hat,
Das will er auch erhalten;
Vollen Herzens zu singen trotz viel Bejammernswertem:
Gott hat es alles wohl bedacht
Und alles, alles recht gemacht.
Gebt unserm Gott die Ehre!
Das ist so blauäugig
- von Menschen gesungen, in deren Blick
sich das Blau von Gottes Himmel spiegelt
von innen her.
Das ist so wunderlich
von Menschen bejaht, die
links und rechts alltägliche Wunder sehen.
DAS ist die Folge,
das ist das, was Jesus kann und macht:
seine Menschen, die Auserwählten Gottes,
als solche wie dich,
die in ihren Herzen den Frieden Christi regieren lassen
und über alles die Liebe anziehen,
die das Wort Gottes reichlich unter sich wohnen lassen,
spüren lassen:
Dieses ist kein leeres Wort,
sondern es ist mein Leben.
Drum dank, ach Gott, drum dank ich dir;
Ach danket, danket Gott mit mir!
Gebt unserm Gott die Ehre! Amen.
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