Sonntag, 12. Juni 2022

Gott schmuggelt

... Predigt für Menschen, die vor Zeiten konfirmiert wurden...


Zu einem Weisen kam einer und klagte: Ich suche nun so viele Jahre nach Gott und kann ihn nicht finden. Der Weise sah ihn freundlich an und erzählte:

Es war einmal ein Mann namens Nasruddin. Er ging immer hin und her über die Grenze, an verschiedenen Zollstellen, einmal mit einem Esel, einmal auch mit zweien oder dreien. Auf den Eseln transportierte er große Lasten Stroh.

Die Zöllner wussten, dass er ein bekannter Schmuggler war, und so durchsuchten sie ihn immer wieder, stachen mit Stöcken in die Strohballen, und manchmal verbrannten sie das Stroh und suchten in der Asche nach dem, was er schmuggelte. Aber sie fanden nie etwas, und Nasruddin wurde reicher und reicher.

Schließlich wurde er alt, zog in ein anderes Land und setzte sich zur Ruhe. Dort begegnete ihm einer der früheren Grenzwächter und sagte: „Nasruddin, jetzt könnt Ihr es mir ja sagen. Was habt Ihr geschmuggelt, das wir nie gefunden haben?“ Nasruddin lächelte und antwortet: „Esel!“

Siehst du, sagte der Weise, so sucht mancher nach Gott, und Gott ist vor seinen Augen.

(Quelle: Typisch! Kleine Geschichten für andere Zeiten)


„Mit der Kirche hat er´s nicht so!“, sagen manchmal die Leute zu mir oder (entschuldigend): „Ich bin jetzt nicht so der Gottesdienstgänger“. Soll heißen… Ja, was soll das eigentlich heißen? Geht es denn darum, möglichst oft in der Kirche gewesen zu sein?  Kommt Gott nur, wenn ich besonders oft bete? Was ist damals bei meiner Taufe eigentlich passiert? Und was habe ich da zugesagt, als ich gut und deutlich mit meinen Mitkonfirmanden „Ja“ gerufen habe, als der Pfarrer eine Frage stellte, die ich vermutlich schon wieder vergessen habe. Aber „Ja“ musste ich sagen, das weiß ich noch, und es hatte was mit Gott zu tun und mit der Kirche und seitdem gehöre ich dazu. Und was heißt jetzt  schon wieder dazu gehören? Wer gehört denn dazu? Jemand der eine Gebühr als Mitglied zahlt? Kann man denn das Christsein wieder ausziehen wie eine alte Jacke? Verschwindet Gott einfach nur weil man nicht an ihn denkt? Was wäre das denn für ein Gott? Und wo war Gott in all den letzten Jahren?

Ihr schaut auf eine ganze Menge Lebensjahre zurück. Die Kindheit und Jugend war für manche eine schlimme Zeit, hart, manchem hat die Liebe gefehlt und mancher die Anerkennung, manche erinnern sich aber an wirklich glückliche Zeiten, an Angenommenen und Geliebtsein. Und würden sich eure Eltern an euch als Kinder und Jugendliche erinnern, dann würden sie sich vielleicht erinnern, dass sie überlegt haben, ob ihr denn durchs Leben kommen werdet, ob ihr was machen werdet aus eurem Leben. Unbeholfen und unsicher, unerfahren. Und doch eine ganze Person voll Energie, an Liebesfähigkeit und an Entwicklungsfähigkeit - so hat Gott Dich ins Leben geschickt. Dann kam das Leben. Dann kam Liebe und Schmerz. Kampf und Tapferkeit, Ängste und Trauriges. Abschiede. Gewinne. Partner. Partnerin. Lehre. Arbeit. Familie. Keine Familie. Singen, Tanzen, Freunde/innen haben. „Ja“ sagen und manchmal die Wahrheit runterschlucken, „nein“ sagen und Schelte bekommen. Keiner tut immer nur eines davon. Manchmal warst du müde, manchmal voll Energie. Machmal warst du entschlossen, manchmal zögerlich. Manchmal warst du beliebt, manchmal das dritte Rad am Wagen. Manches hat dich erfüllt, manches hat dich verletzt. Dir war vieles wichtig. Und vieles davon stellte sich später als  viel weniger wichtig heraus als du dachtest. Gedanken, Fragen, Entscheidungen… und dazwischen schmuggelte einer Esel in deinem Leben hin und her. Gott hat eine unscheinbare Art, das Leben zu gestalten. Er schickte dir seine Esel in einer Umarmung. In einem aha-Effekt, er schickte dir den letzten Mut für einen mutigen Schritt und half deinem Handrücken, die Tränen aus dem Gesicht zu wischen. Er kam als weißer Fliederduft und wirbelte dich umher in einem flotten Tänzchen. Er legte seine Hand auf deine Schulter als du an einem Grab standest und auf seinem Arm kamst du durch finanziell enge Zeiten. Und in all den Jahren hast du gemerkt:







Wenn es Pfingstzeit wird

blüht der Holunder und

ein Rest von weißem Flieder liegt noch in der Luft.

Der Jasmin sendet süße Düfte und die

Pfingstrosen schwelgen in ihren Farben. 

Das tun sie solange du denken kannst

immer und immer wieder

blüht der weiße Flieder,

blühen Holunder und Jasmin

und solange du warst und sein wirst

- so sicher wie Flieder und Jasmin -

sind Gottes gute Geister bei dir,

(sind wie immer gewesen!),

fliegen seine Engel neben deinem Weg,

(wie seit deiner Geburt!),

legt Gott unsichtbar seine warme Hand auf dich

(wie immer schon und für ewig). 


Einmal hat einer einen Spruch für dich ausgesucht. Damals zur Konfirmation. Euch, den Gnadenkonfirmanden habe ich den alten Spruch von damals heraus gesucht, wir werden sie nachher hören. Euch, den Platin-Konfirmanden habe ich einen anderen Spruch eingedruckt. Bitte nehmt ihn alle mit auf Eure Lebenswege, die weiter gehen. Er ist ganz einfach. Er heißt: „Gott hat dich zuerst geliebt!“. Denn das geht jedem Deiner Schritte voraus und da wo du denkst, es gäbe keine schritte mehr, da hat Gott schon einen voraus getan. Gott hat dich zuerst geliebt. Er hat Pläne für dich. Er hält Dich. Er ist keine Jacke, die du ausziehen kannst. Er ist einfach da - bereit zu einer Begegnung. Jeden Tag da - wegen deines „Ja“ zu ihm.  Bei Gott sind Versprechen etwas ewiges. Er bleibt dabei. Amen


Ein LIED vom weißen Flieder! - hier klicken



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