Sonntag, 20. Januar 2019

Predigt zum Ökumenischen Gottesdienst in der Katholischen Kirche Wolfmannshausen 
verbunden mit den Christen in aller Welt zum "Gebet für die Einheit der Christen"

Thema des Gottesdienstes ist die Gerechtigkeit



Es gibt Momente, die kann man sich gar nicht ausdenken.
Ich sitze gestern am Schreibtisch, diesen Gottesdienst hier vor Augen:

„Gerechtigkeit, Gerechtigkeit – ihr sollst du nachjagen“

Jemand schreibt gerade in diesem Moment zufällig und klagt mir und einigen anderen, das wäre doch keine Gerechtigkeit, sie könne eine vorgeschriebene Weiterbildung nicht machen, weil es dort keine Kinderbetreuung gäbe. Man hätte ihr gesagt, sie solle sich dann wieder melden, wenn das Kind größer ist. Wie ungerecht. Antwortet eine. Mein Handy vibriert, meine Freundin Helga schickt mir mit ihrem Mann Gerhard ein Bild von einer Wiese. Dort läge ihr Bruder Horst. Anonym bestattet. Mehr konnte er sich nicht leisten. Das wäre nicht gerecht. Das hätte er nicht verdient.
Mein Sohn auf die Frage, was er als gerecht empfindet, sagt spontan: dass es keine armen Menschen mehr gibt.
Es klingelt genau da. Draußen steht eine unbekannte Frau.
Sie bettelt um Geld. Für sich und ihre Tiere. Bitte! sagt sie.
Ich gebe nichts. Manchmal gebe ich auch was, aber heute nicht, mein Zeitplan ist straff, ich hab jetzt keine Zeit dafür.
Es klingelt gleich wieder. Die Postfrau. Sie bringt ein Paket für mich. Im Internet bestellt. Es fühlt sich gerade jetzt nicht gut an. Die bittende Frau sehe ich am Ende der Straße.

„Gerechtigkeit, Gerechtigkeit – ihr sollst du nachjagen“

Ich muss ihr nicht nachjagen.
Es klingelt nochmals.
Darf ich mich vorstellen? sagt sie.
Ich werde oft verwechselt.
Um es gleich zu sagen:
Ich bin die Gerechtigkeit.
Ich bin nicht Recht oder Gericht.
Nicht die Gleichheit von Gleichen.
Nicht die Strafe, die Rache, die Vergeltung.
Nicht das, was das Leben dir noch schuldet.
Ich bin nicht Justizia.
Mit Waage, Schwert und Augenbinde.
Man verwechselt mich gerne.
Immerzu bin ich gerufen wo ich gar nicht hin gehöre.
Ich werde in Gedanken gerufen, 
wo ich nichts Vertrautes finde,
wo das, was dann geschieht nicht mein Werk ist.

Die Nachbarin denkt, ich wäre gefragt,
wenn ihr die Kilos vom Kuchen auf die Hüfte gehen
und Frau Irene von nebenan eben nicht.
Sie rufen mich - Gerechtigkeit! - und meinen doch andere
oder manchmal weiß ich gar nicht, was ich für sie tun soll.
Artur ruft nach mir wenn Dr. Hering
jemanden vor ihn ins Arztzimmer ruft. 
Max brüllte gestern auch nach mir, 
als er ein Kind mit einem noch größer Eis sah.
Die einen rufen mich weil sie zu wenig,
die anderen zu viel Arbeit haben,
zu viel Haare oder zu wenig,
nicht schlafen können oder nicht wach bleiben können,
nicht geheilt werden von ihrer Krankheit und andere doch,
als Frauen nicht beachtet werden oder nicht als Mann,
zu wenig zum Leben haben oder Geld haben, aber keine Freunde und kein nennenswert sinnvolles Leben, 
…… Wo bleibt hier die Gerechtigkeit? rufen sie.
Jeder meint eine andere Gerechtigkeit.
Eine, die ihm selbst dient. 
Ich glaube, sagt sie, 
jeder von euch stellt sich mich anders vor.
Kann das sein?
Der eine denkt, ich bin die, die ihm alles das gibt, was andere auch haben, 
als wäre das Leben ihm immer noch etwas schuldig.
Der andere denkt, ich bin der, der der dem anderen genau das antut, wer er selbst erfahren hat, als Ausgleich für sein eigenes erfahrenes Leid.
Aber das bin nicht ich.
Ich bin nicht in einem Einzelnen.
Ich bin dazwischen.
Wie soll ich euch das erklären?

Kennst du das Gefühl verwechselt zu werden? fragt sie. 
Wenn dich jemand anspricht und dich für eine ganz andere hält? 
Dich erwartungsvoll ansieht und du bist es gar nicht?
Das ist irgendwie peinlich, oder?
Ganz oft denken die, dass ich es bin,
dabei ist es die Rache
oder die Vergeltung,
die alle-Gleichmacherei
oder die Macht.
Das bin ich nicht.
Das sind andere.

Und manchmal frage ich mich, 
ob ich wirklich erwünscht bin.
Kennst du das auch? 
Dass die Leute sagen: 
„Ja…. ne. 
Wie schön dich zu sehen…. 
Ja, wir melden uns… 
Ja, wir sehen uns dann mal…“ 
Und dann hast du aber doch das Gefühl, 
die wollen dich nicht wirklich treffen?
So geht es mir immerzu.

Doch doch, sagt sie zu mir, du auch! Du! Sie meint mich.
Weißt du noch, wie du da neulich mit offenem Mund standest und gar nicht fassen konntest, was du da liest: 
200 €  verdient Irina in ihrer Fabrik, hier in Europa, nebenan in der Ukraine, im Monat. Im Monat! 200!
Und dann holtest du dir erstmal einen Kaffe Latte im Pappbecher für 2,95 €, Irinas halbes Tagesgehalt.
Ich glaube, du wolltest mich in jenem Moment nicht treffen. 
Ich werde eben auch mal moralisch. 
Das ist den Leuten scheinbar unangenehm.

Sie haben mir auch ein paar Schatten angehängt
die wie Blechbüchsen an einem Hochzeitsauto 
immerzu hinter mir her troddeln:
sie heißen schlechtes Gewissen und Ausrede.
Sie hemmen jeden, sich mir näher als Armlänge zu nähern.

Hatte ich eigentlich erwähnt, dass ich mich in deinem Land doch eigentlich ganz wohl fühle? Ich bin ja nun schon etwas älter - ich denke ein paar tausend Jahre alt. Du machst dir keine Vorstellung, wie unwohnlich es für mich als Gerechtigkeit hier war. Mein Name stand auf Kriegsfahnen und dem Holz der Scheiterhaufen, ich stand auf jeder einzelnen Patronenhülse und den Bombenzündern, auf dem Gashahn in Buchenwald, auf der Hand die das Kind auf den Hintern schlug und auf der Mauer durch dieses Land.
Alles falsch beschriftet! sage ich.
Das war ich nicht, denn es nicht   d a s   R i c h t i g e.
Das war Untat und Unrecht, Strafe, Rache und Gier und alle die anderen von dieser Familie.
Denn ich würde meinen Namen niemals auf etwas setzen, das Böses vergelten will mit Bösem. Ich muss mir andere Brücken suchen um wieder gut zu machen.

Lieber steht mein Name auf der Glocke in deiner Kirche
und läutete jeden Tag meinen Namen in dein Herz.
Lieber schimmert mein Name unverhohlen 
auf dem Tisch der Essenausgabe in der Tafel für Arme.
Lieber liegt mein Name wie Raureif 
auf deinen Worten ohne Ausrede,
in deinen Entscheidungen,
wo es mutig nicht beim Alten bleibt,
wo du dich änderst,
weil es sich ändern muss. 
Lieber wärme ich meinen Namen
an deiner zutiefst verankerten Fähigkeit 
Gemeinschaft zu ersehnen, herzustellen und zu leben.

Der mich schickt,
weiß, dass ich bei euch zu Hause sein kann.
Er schickte mich heute zu dir.

Ich sehe sie an, die Gerechtigkeit
und obwohl es taghell ist,
kann ich sie nicht richtig erkennen.
Nur mit meinen Augen allein geht das wohl nicht.
Einer allein sieht die Gerechtigkeit nur undeutlich.

Und ich überlege, wie man sich denn nur von einer Gerechtigkeit verabschiedet, da ist sie schon im Gehen.
Ich habe sie nicht mal
herein gebeten.

Eines fällt mir auf:
entgegen aller Unkenrufe ist die Gerechtigkeit 
wunderschön, voller Kraft, sympathisch,
sanft, nachdrücklich anwesend, berauschend fast
und nicht verkümmert. 
Kein bisschen. Amen.


Und der Friede Gottes, der höher ist als unsre Vernunft, 
der halte unsern Verstand wach und unsre Hoffnung groß und stärke unsre Liebe.




1 Kommentar:

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