Samstag, 8. Dezember 2018



Der alte Friedl ist krank. „Zwei Dinge sind es, die ich vermisse, Frau Pfarrer.“, sagt er im Krankenhaus zu mir. „Meine Kirche. Und mein Kanapee. Wissen Sie ich hab schon viele Kirchen gesehen. Aber das ist nicht das Gleiche. In meine Kirche komme ich seit 92 Jahren. Und als wir so lange im Sperrgebiet lagen, da war das ein Ort der Zuflucht für mich. Mein Lieblingslied war damals immer „Ein feste Burg ist unser Gott". Und wenn ich dort bin, in unserer Kirche, dann fühle ich mich irgendwie so geborgen. Verstehen sie? Und sonst brauche ich doch nichts. Ich war neulich im Pflegeheim. Das war nix. Das hat mich fast kaputt gemacht. Ich hab nur Sehnsucht nach meinem kleinen Häuschen und meinem Kanapee.“
Und das Licht der Welt kam an diesem Tag zu Friedl, indem jemand seine alte kalte Hand hielt und ihm half, sein Gebiss einzusetzen, das Kissen aufschüttelte und den Sauerstoffschlauch zurechtrückte. Und er seufzte bei den zarten Berührungen und lächelte. „´s wird scho wieder.“, sagte er, mit wenig Luft. „Sie wissen ja! Der Herrgott…“. Dann nickte er lange. Und ich drückte seine Hand.

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen

.... Gott gibt sich in Deine Hände...

 Predigt über "Geistwasser"  im Universitätsgottesdienst der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg im Rahmen der Predigtreihe...