Samstag, 7. April 2018

Predigt zu Goldenen Konfirmation am 8. April 2018

Der Predigttext für diesen Sonntag
spricht von der Kraft der Taufe:

„Als ihr getauft wurdet,
seid ihr mit Christus begraben worden,
und durch die Taufe seid ihr auch mit ihm zusammen auferweckt worden.
Denn als ihr euch taufen ließt, habt ihr euch ja im Glauben der Macht Gottes anvertraut, der Christus vom Tod auferweckt hat.
Einst wart ihr tot, denn ihr wart unbeschnitten, das heißt in ein Leben voller Schuld verstrickt. Aber Gott hat euch mit Christus zusammen lebendig gemacht. Er hat uns unsere ganze Schuld vergeben.
Den Schuldschein, der uns wegen der nicht befolgten Gesetzesvorschriften belastete, hat er für ungültig erklärt. Er hat ihn ans Kreuz genagelt und damit für immer beseitigt.
 Die Mächte und Gewalten, die diesen Schuldschein gegen uns geltend machen wollten, hat er entwaffnet und vor aller Welt zur Schau gestellt, er hat sie in seinem Triumphzug mitgeführt – und das alles in und durch Christus." (Kol 2, 12-15)


Am Anfang
stand die Taufe.
Am Anfang
bevor ich noch anfing, Gott kennen zu lernen.

Am Anfang:
die Taufe,
ein äußerlich kleines Ereignis:
einige Tropfen Wasser,
lächelnde Eltern,
nickende Paten.
Ein Pfarrer.
Ich, ganz klein.
„Als ihr getauft wurdet, seid ihr mit Christus begraben worden, und durch die Taufe seid ihr auch mit ihm zusammen auferweckt worden. Denn als ihr euch taufen ließt, habt ihr euch ja im Glauben der Macht Gottes anvertraut,

Am Anfang:
die Taufe,
ein innerlich brachiales Ereignis,
das alles umkehrt.
Das alles umdeuten kann im Leben.
Das mein geendet-sein wieder auf die Füße stellt.
Das Licht schenkt, wo mein Leben Schatten funkt.
Das Bewahrungen summt, wo ich heftig schwanke.
Das Frieden atmet in mein ratlos-sein und Schmerz-verspüren.

Ein Anfang,
ist die Taufe.
„Gott hat euch (..) lebendig gemacht.“
Mit Gott zusammen werde ich lebendig.
Ein Anfang,
ist die Taufe.
Ich werde ein Gottteskind.

Gottes Kind sein?
Ich?
Ein brachiales Ereignis?
In mir?

Ich bin doch die,
die damals nur ein geliehenes Kleid hatte.
Ich bin der, der damals freiwillig zur Armee gegangen ist.
Ich bin die, die seit 50 Jahren Kette raucht.
Ich bin der, der 43 Tatoos hat.
Ich bin die, die durch die Autoprüfung gefallen ist.
Ich bin der, dem bei Milch schlecht wird.
Ich bin die, die drei mal verheiratet war.
Ich bin der, der aus der Kirche ausgetreten ist.
Ich bin die, die ungewollt keine Kinder bekam.
Ich bin der, der im Knast saß.
Ich bin die, die überhaupt keinen grünen Daumen hat.
Ich bin der, der gegen alles und jedes misstrauisch ist.
Ich bin die, die heimlich abends noch was nascht.
Ich bin der, der es heimlich liebt, den Fahrtwind einsam im Gesicht zu haben.
Ich bin die, die die Mutter ins Pflegeheim gegeben hat.
Ich bin der, der seiner Frau nicht mehr zuhören kann.
Ich bin die, die ihre Träume nicht gelebt hat.
Ich bin… ein Gotteskind?

Einer, in Gefängnis und Bedrängnis schrieb mal dieses:
„Wer bin ich? Sie sagen mir oft,
ich träte aus meiner Zelle
gelassen und heiter und fest,
wie ein Gutsherr aus seinem Schloß.
Wer bin ich? Sie sagen mir oft,
ich spräche mit meinen Bewachern
frei und freundlich und klar,
als hätte ich zu gebieten.
Wer bin ich? Sie sagen mir auch,
ich trüge die Tage des Unglücks
gleichmütig lächelnd und stolz,
wie einer, der Siegen gewohnt ist.
Bin ich das wirklich, was andere von mir sagen?
Oder bin ich nur das, was ich selbst von mir weiß?
Unruhig, sehnsüchtig, krank, wie ein Vogel im Käfig,
ringend nach Lebensatem, als würgte mir einer die Kehle,
hungernd nach Farben, nach Blumen, nach Vogelstimmen,
dürstend nach guten Worten, nach menschlicher Nähe,
zitternd vor Zorn über Willkür und kleinlichste Kränkung,
umgetrieben vom Warten auf große Dinge,
ohnmächtig bangend um Freunde in endloser Ferne,
müde und leer zum Beten, zum Denken, zum Schaffen,
matt und bereit, von allem Abschied zu nehmen?
Wer bin ich? Der oder jener
Bin ich denn heute dieser und morgen ein andrer?
Bin ich beides zugleich? Vor Menschen ein Heuchler
Und vor mir selbst ein verächtlich wehleidiger Schwächling?
Oder gleicht, was in mir noch ist, dem geschlagenen Heer,
das in Unordnung weicht vor schon gewonnenem Sieg?
Wer bin ich? Einsames Fragen treibt mit mir Spott.
Wer ich auch bin, Du kennst mich, Dein bin ich, o Gott!“
(aus: Dietrich Bonhoeffer. Widerstand und Ergebung)

Gott sagt: du bist mein geliebtes Kind.
Du bist getauft.
Auf meinen Namen.
Du bist in meinem Herzen.
Zuallererst bist du getauft.
Am Anfang.
Gott sagt:
Gib mir deine Sicht der Dinge.
Gibt mir deinen zerbrochenen Bilder von dir.
Gib mir deine egoistischen Entscheidungen.
Gib mir dein Selbstmitleid.
Gib mir deine gesplitterten Herzseiten.
Gib mir deinen atemlosen Atem und deine Müdigkeit.

Ich nehme sie mit.

- Ein Zettel wird an das Kreuz geheftet. -

„Einst wart ihr tot, das heißt in ein Leben voller Schuld verstrickt. Aber Gott hat euch mit Christus zusammen lebendig gemacht. Er hat uns unsere ganze Schuld vergeben. Den Schuldschein, der uns belastete, hat er für ungültig erklärt. Er hat ihn ans Kreuz genagelt und damit für immer beseitigt.

- Eine Taufschale wird hoch gehoben. -

„Wer ich auch bin, Du kennst mich, Dein bin ich, o Gott!“

Wer bin ich?
Vielleicht spreche ich ja gelassen und heiter und fest.

Wer bin ich?
Vielleicht bin ich ja frei und freundlich und klar.

Wer bin ich?
Vielleicht trage ich ja gleichmütig lächelnd und stolz.

Getauft sein heißt:
einer der mich liebt
nimmt mein Leben in seine behutsamen Hände.
Es gibt keine Hände,
die wärmender in meinen zugigen Lebensecken sein würden.

Getauft sein heißt:
einer mich der genau anschaut
und doch auch drüber hinweg sehen kann,
nimmt mein Leben in Augenschein.
Es gibt keine Augen,
die barmherziger auf jeden meiner Schritte schauen würden.

Getauft sein heißt:
einer der sich unendlich in der Zeit ausgebreitet hat
belebt mich mit seinem heilenden Atem.
Es gibt nichts
was mich ganzer machen kann.

„Wer ich auch bin, Du kennst mich, Dein bin ich, o Gott!“ Amen.


Und der Friede Gottes der höher ist, als unsre Vernunft, der halte unsern Verstand wach und unsre Hoffnung groß und stärke unsre Liebe. Amen.


Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen

.... Gott gibt sich in Deine Hände...

 Predigt über "Geistwasser"  im Universitätsgottesdienst der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg im Rahmen der Predigtreihe...