Sonntag, 30. November 2025

Sternenhäuserbauen....

Predigt zum 120 Jubiläum 

der Lutherkirche in Stendal Röxe und zum 1. Advent

Hände hoch, wer in diesem Jahr schon das Foto von einem Sonnenauf- oder untergang gemacht oder sogar gepostet hat…. Hach. Es verzaubert mich immer wieder.




Manchmal schreibe ich jemanden: Guck mal, der Herrgott zaubert schon wieder am Himmel. Als seien es Grüße direkt von Gott. Manchmal denke ich wirklich, der macht das doch extra! Wenn der Tag für mich beginnt am Morgen und ich weiß noch nicht, was das für ein Tag wird und er schickt kleine weiße zaghaft rosa Wolke oder ein Lichtfeuerwerk am Horizont. An Schönheit kaum zu überbieten und ich weiß, der Tag kann kommen. Oder nach einem langen Tag und ich bin müde, wie dann so ein feuerrotes Lichterspektakel lauter Milde und etwas Warmes in diesen Tag dazulegt. 

 

Oder jetzt. Die Lichterketten anbringen, die Kerzen auf den Tisch stellen, eine Kranz vielleicht. Durch die Straßen gehen, die Lichter sehen. Das hat eine Wirkung auf mich. Und immer finde ich, es kommt keine Sekunde zu früh. Das Jahr hat so viele ernste Themen gehabt und viele Menschen sind gerade so in Aufruhr. Jetzt bitte Licht. Und zwar von dem Licht, das man extra aufstellt, nur damit es die Welt heller macht. 
Auf so eine Art riesen Sonnenaufgang warteten die Freundinnen und Nachfolger von Jesus damals mit unbändiger Ungeduld. Erst dachten sie, Jesus würde ganz schnell wieder auf die Erde kommen, würde vielleicht immer mal auf Besuch kommen oder mit Blitz und Donner und die ganze Erde verwandeln. Wer weiß? Und dann merkten sie: das dauert noch. Wir werden das Leben hier auf der Erde gemeinsam gestalten müssen. Wir müssen aber in dieser Zeit sichtbar werden lassen, dass wir an die Liebe Gottes glauben. Dass wir Jesus kennen, das sind nur die ersten hellen Strahlen vor dem großen Sonnenaufgang. Und statt dazusitzen und zu warten, dass irgendetwas mit dieser Welt passiert, sollten wir selbst dieses Licht vermehren. Das wäre das einzig richtige bis Jesus kommt. Nicht dasitzen und der Dinge harren, die Welt der Finsternis überlassen, sondern aufstehen und losgehen, Licht werden, Licht verbreiten. So gut es uns möglich ist. Hat uns Jesus nicht genau dazu ermächtigt?

 

Paulus schreibt einigen von ihnen damals, dass sie damit auf dem richtigen Weg sind, dass sie Jesus erwarten und gleichzeitig Licht sein können: (In Eurem Leben…) „Bleibt niemand etwas schuldig – außer der Schuld, die ihr niemals abtragen könnt: der Liebe, die ihr einander erweisen sollt. Wer den Mitmenschen liebt, hat alles getan, was das Gesetz fordert.Ihr kennt die Gebote: »Brich nicht die Ehe, morde nicht, beraube niemand, blicke nicht begehrlich auf das, was anderen gehört.« Diese Gebote und alle anderen sind in dem einen Satz zusammengefasst: »Liebe deinen Mitmenschen wie dich selbst.«Wer liebt, fügt seinem Mitmenschen nichts Böses zu. Also wird durch die Liebe das ganze Gesetz erfüllt. Macht Ernst damit – und das erst recht, weil ihr wisst, was die Stunde geschlagen hat! Es ist Zeit für euch, aus dem Schlaf aufzuwachen. Denn unsere endgültige Rettung ist nahe; sie ist uns jetzt näher als damals, als wir zum Glauben kamen.Die Nacht geht zu Ende, bald ist es Tag. Deshalb wollen wir alles ablegen, was zur Finsternis gehört, und wollen uns mit den Waffen des Lichtes rüsten.Wir wollen so leben, wie es zum hellen Tag passt.“ (Röm 13, 9-12 / Gute Nachricht)

 

Ganz verloren wirkt die Welt manchmal gerade auf mich. Erschöpft. Orientierungslos. Auf der Suche. So sehr auf der Suche, wie ich das nie empfunden habe. Dafür müsste man auf Märkten und in Landtagsgebäuden, in Schulen und in Krankenhäusern gerade kleine Räume bauen. Räume zum zuhören, Umarmen, Trösten, Mutmachen, Aufrichten, Anlächeln, Satt machen, Festhalten.

 

Vor 120 Jahren haben es Menschen an dieser Stelle hier in Stendal getan. Sie haben neben die Geschäfte und Wohnhäuser, neben Schulen und Werkhallen einen Raum gebaut für Menschen, dass sie dort aufgerichtet werden; Eure Kirche. Damit Menschen dort feiern können, dankbar lächeln, getröstet heimgehen. Dieses ist ein guter Ort. 
Und wir? Und jetzt? Was bauen wir? Wo bauen wir? Sind wir da? Geht uns das was an, diese Welt da draußen, die so verloren scheint? Was sagst du, Gott? 

 

Schlage ich die Bibel auf, dann lesen ich Worte wie heute: 
Wer liebt, fügt seinem Mitmenschen nichts Böses zu. 
Es ist Zeit für euch, aus dem Schlaf aufzuwachen.
Bleibt niemand etwas schuldig, vor allem nicht die Liebe.

 

Heute am 1. Advent beginnt unsere alljährliche geistliche Gymnastikübung: Jesus erwarten. Das kann man gar nicht oft genug einüben. Denn wir merken vielleicht dadurch ob uns Gott näher oder ferner geworden ist. Manche erinnern sich nur in dieser Zeit an ihren Glauben. Viele spüren etwas Sehnsuchtsvolles, würden es nur zaghaft Glauben nennen. Und manche entdecken diese Zeit für sich, um ihren Glauben zu stärken. 

 

Am Ersten Adventssonntag erzählen wir uns immer die Geschichte, wie Jesus in Jerusalem einzog und es stellt sich die Frage: wie kommt Jesus heute rein ins Leben?
Denn was die Gemeinden damals auch lernten, ist: Natürlich kommt Jesus immer wieder zu Besuch. Fast zum Greifen nah steht er zwischen uns an Gräbern, hält seine Hand über unsere, wo wir Hände drücken oder im Leid festhalten, funkelt geradezu aus unseren Augen, wo wir tiefe Freude und mehr mit einander teilen. Jesusmomente!! Aufgehendes Licht in unserem Leben. Aufgehendes Licht am Himmel verdrängt die Dunkelheit der Nacht. Spürbares Licht mitten im Leben verdrängt die Finsternis der Welt. Gemeinde Gottes sein heißt für mich darum: strahlen. Dunkelheit der Welt verdrängen.
Deshalb wollen wir alles ablegen, was zur Finsternis gehört, und wollen uns mit den Waffen des Lichtes rüsten.Wir wollen so leben, wie es zum hellen Tag passt“ oder wie Luther übersetzt: „Lasst uns alles ablegen, was die Finsternis mit sich bringt. Die Nacht ist vorgerückt, der Tag ist schon nahe herbeigekommen. So lasst uns ablegen die Werke der Finsternis und anlegen die Waffen des Lichts.“ Wort Gottes für diese Adventswoche!
„Und das tut von euch aus, weil ihr die Zeit erkannt habt, dass die Stunde da ist, aufzustehen vom Schlaf.“

 

Das heißt: Jetzt bitte Licht. Und zwar von dem Licht, das man extra aufstellt, nur damit es die Welt heller macht. 

 

Das heißt: Werdet Ihr sichtbares Licht! Werft mit dem Licht der Welt um Euch! Gott hat seine Liebe dämmern lassen. Jeder und jede von Euch kann ein Strahl seiner Liebe sein, wo Ihr sie lebt. Konkret in der Nachbarschaft, auf der Arbeit. Klein im Lächeln und Zupacken. Groß im Beten und laut von Gott sprechen, von der Liebe sprechen, davon, dass wir viel erwarten dürfen. Machmal kann es ganz klein sein.

 

Einmal bastelte ich zu Beginn des Advents einen Haufen bunter Sterne. In der Nacht ging ich zur kleinen Bushaltestelle im Dorf. Ich klebte alle Scheiben der Bushaltestelle mit Sternen voll. Am nächsten Morgen sah ich aus dem Fenster, wie die vielen Schulkinder staunend davor standen, wie sie lächelten. Ich sah die älteren Damen in einem Häuschen voller Sternenlicht stehen, wenn sie in die Stadt fuhren. Solche Hütten brauchen wir. Hingebastelt oder hingeliebt. Aus kleinen Gesten und echtem Dasein, aus Aufmerksamkeit und Wärme. Mitten bei denen, die suchen. Und wir brauchen diese Hütten auch. Darum sind wir hier im Licht Gottes. Amen.

 

Und der Friede Gottes, der höher ist als unsre Vernunft, der halte unsern Verstand wach und unsre Hoffnung groß und stärke unsre Liebe. Amen.


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