Eine Epiphaniaspredigt
Sie kennen sich nur vom Hörensagen.
Sie - Frau Saba - ist interessiert.
Er - Herr Salomo - auch.
Auf einer menschlichen Ebene.
Auch auf einer diplomatischen.
„Bisher hatte ich nur von Dir gehört“,
sagt Frau Saba.
„Ich wollte Dich mit eigenen Augen sehen.
Und Deine Stimme hören.
Ich merke gerade,
ich habe nur die Hälfte über Dich gewusst.
Gut dass ich gekommen bin.
Danke an den Gott, an den Du glaubst,
Danke, das war eine gute Idee von ihm,
Dich ausgerechnet hier und jetzt hier sein zu lassen.
Er muss dieses Land liebhaben.“
Eine Frau kommt zu Besuch: zum Reden und Sehen
zum Miteinander-abhängen und zum Schenken.
Selten dass mal jemand kommt, wenn kein Krieg ist
in den Geschichten unserer Bibel.
Selten dass einer kommt,
um jemanden einfach nur kennen zu lernen.
Nicht um zu erobern.
Nicht um zu ärgern.
Nicht um den Kampf anzusagen.
Nicht um zu lästern oder drohen.
Nicht um etwas zu wollen oder zu verhandeln.
Nicht um etwas zu fordern.
Nicht um eine Ansage zu machen.
Nur um da zu sein.
Um zu reden und zu sehen.
Um miteinander abzuhängen, Zeit zu verbringen
und zum Schenken.
Wie ungewöhnlich inmitten der König-Salomo Geschichten.
Ein echter Friedensmoment.
Eine Geschichte von der Schönheit des Friedens.
Und was man dort finden kann.
Oder ist es nur eine Reichengeschichte für Reiche?
Predigttext als Geschichte erzählt:
Einmal gab es eine Königin in Saba.
Alte Geschichten sagen, ihr Name war Makeda.
Sie war klug und reich und schön.
Sie hörte vom König in Israel.
Er sei klug und reich und schön.
Und so kommt sie,
haushoch beladen mit Geschenken,
wie Gold, Weihrauch und Myrrhe,
um Hallo zu sagen.
Und zu reden.
Um die Klugheit des Königs zu prüfen.
Ob sie wohl auf Augenhöhe wären.
Und sie kann alles loswerden, was sie fragen wollte.
Der König antwortet auf alle Fragen.
Da stockt ihr der Atem.
So eine Begegnung hat sie noch nicht erlebt.
Neidlos erkennt sie an, was der andere hat.
Sie ist froh, gekommen zu sein,
denn durch Hörensagen
weiß man eben nur die Hälfte.
Und sie hat auch von seinem Gott gehört.
Sie hat gesehen und verstanden,
was der Glaube und was Gott hier getan haben
und dass hier einer Recht und Gerechtigkeit hoch hält.
Sie ist beeindruckt.
Dein Gott muss das alles hier sehr liebhaben,
sagt sie.
Und sie schenkt viele Geschenke.
Vieles davon wird den Tempel Gottes bereichern.
Sie selbst geht als Beschenkte zurück in ihre Heimat. (siehe 1.Kön 10)
Was erzählt uns diese Geschichte, die vermutlich eine Legende ist?
Erzählt sie von zwei unerträglich reichen und privilegierten Menschen,
die sich treffen um zu prassen und in unerträglichem Protz zu schwelgen
und einfach ein wenig Reichtum auszutauschen?
(Da würde schon einigen der Hut hochgehen.
Reichtum ist aktuell ziemlich schlecht verteilt.)
Erzählt sie von einer erstaunlich emanzipierten und starken, selbstbewussten Frau,
von einer emanzipierten Begegnung in der irgendein Geheimnis von Frieden steckt,
das wir auch gerne hätten?
(Es tobt die Welt gerade unerträglich.)
Erzählt sie etwa von einer Gottesbegegnung und von der Sehnsucht,
dass es Gottesräume gibt, wo jemand eintritt und plötzlich etwas versteht
von diesem Gott, der ihm oder ihr vorher fremd war?
(Das würde uns dann schon interessieren, wie andere Zugang finden könnten zu unserem Gott.)
Es klingelt.
Mein Telefon.
Gestern Abend.
Meine Hand zögert etwas,
bevor ich den Hörer antippe.
Es wird eine Art Besuch.
Zwei, die ihre Weisheiten ausgetauscht haben.
Wir haben bitter hin und her geschrieben auf Facebook.
Und kannten uns fast nur von Hörensagen.
Protestierende Bauern auf Straßen und Plätzen,
dramatische Aufrufe für Volk und Vaterland,
echte Not in den Augen befreundeter Landwirte.
Aber viele böse und unangebrachte Töne dazwischen.
Wir schreiben darüber eifrige Kommentare hin und her.
Nicht nur mit ihm.
Wir schicken Sprachnachrichten und beschließen:
das macht keinen Sinn so und dann:
wir wollen den anderen mal in echt hören.
Schicken uns die Telefonnummer zu.
Übers Internet.
Dann höre ich seine Stimme. Er meine.
Wir verstehen schnell:
wir haben nur die Hälfte über den anderen gewusst.
Nicht seine Geschichte.
Nicht seinen Schmerz.
Nicht die Bilder, die er im Kopf hat
und die Menschen für die er spricht.
Wir reden lange.
Auf Augenhöhe.
Finden viele Übereinstimmungen.
Ein echter Friedensmoment.
Auch wenn wir uns nicht in allem einig sind.
Einig sind wir uns bei Gott.
Und dass er die Lösung ist.
Aber wie ? - fragen wir uns
und hören den Schmerz in der Stimme des anderen.
Wie hilft uns hier Gott?
Und uns wird bewusst, dass wir nichts in der Hand haben,
als Gottes kleine Liebe,
vielleicht noch den Schimmer eines Sterns,
ganz ferne die Idee von Recht und Gerechtigkeit.
Uns wird bewusst, dass Liebhaben
Gottes Schlüssel ist.
Wir legen auf.
Beschenkt.
Manchmal
spricht ein Baum
durch das Fenster
mir Mut zu
Manchmal
leuchtet ein Buch
als Stern
auf meinem Himmel
Manchmal
ein Mensch
den ich nicht kenne
der meine Worte
erkennt. (Rose Ausländer)
Stell Dir vor,
dass wir uns gegenseitig besuchen.
All den Reichtum sehen,
kein Gold und Weihrauch meine ich, sondern die
Stärken, die der andere nicht mehr bei sich sieht,
Gaben, die er ganz unerheblich fand,
seinen/ihren Reichtum:
Wärme, Herzlichkeit, Verletzlichkeit, Gastfreundschaft.
Und wir würden etwas von unserem Reichtum da lassen,
einfach indem wir liebevoll hinsehen und nicht urteilen
und nicht kommentieren oder indem wir loben oder aussprechen
oder mit schweigen oder uns einfach aushalten
und es wären wunderbare Friedensmomente.
Und wir könnten einander sagen:
Dein Gott muss das alles hier sehr liebhaben,
Das war eine gute Idee von ihm,
Dich ausgerechnet hier und jetzt hier sein zu lassen.
Und wir würden so Geschichten des Reichtums miteinander schreiben.
Und Geschichten der Emanzipation und der Möglichkeit von Frieden.
Und Geschichten der Gottesbegegnung.
Bei einem Besuch.
Einmal sind welche losgezogen
weil ein Stern zu ihnen gesprochen hat.
Sie erhofften sich viel. Und fanden es auch.
Heute morgen seid Ihr (!) losgezogen.
In diese schöne kleine Kirche.
Die einen Stern hat.
Ihr erhofft Euch etwas davon, heute hier zu sein.
Bald schon werden einige losziehen
und hier im Kirchenkreis
Orte besuchen, wo Jugendliche Kirche sind
oder wo sie Kirche suchen, bauen, hinterfragen
oder gar nicht vermissen oder brauchen könnten.
Wir erwarten uns auch viel von diesen Besuchen.
Vielleicht sogar eine Idee, wo Gott uns da braucht.
Und vielleicht verbindet DAS unser aller Ziehen
und Suchen und auf Besuch gehen und heute hier sein:
Zu sehen oder hören, wo Gott mich gerade braucht.
Oder vielleicht … wo ich Gott brauche.
Oder auch, DASS Gott mich braucht.
Oder dass jemand sagt:
Gott muss das alles hier sehr liebhaben. Amen.
Und der Friede Gottes, der höher ist als unsre Vernunft,
der halte unsern Verstand wach und unsre Hoffnung groß
und stärke unsre Liebe. Amen.
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