Samstag, 17. Juli 2021

Predigt von Krit und Erft

... von der Kraft der Liebe und des Glaubens....


Die Bibel erzählt im Königebuch eine Wundergeschichte über den Propheten Elia. Sie klingt wie eine survival-Geschichte. Eine Überlebensgeschichte. Eine große schlimme Dürre wird dem Land vorausgesagt. Eine Naturkatastrophe sozusagen. Große Trockenheit. Der Prophet Elia bekommt von Gott einen Tip, wo man überleben kann - nämlich an einem kleinen Bachlauf. Der Bach Krit führt auch heute noch ganzjährig Wasser, also auch in Trocken - und Dürrezeiten. Für Trinken war also gesorgt. Die Raben, die damals keine sehr beliebten Vögel waren (heute wissen wir, dass sie sehr klug sind), versorgen ihn dort zusätzlich mit Speisen,  woher auch immer sie das Essen haben. Aber dann wird auch dort die Dürre zu schlimm, der Bach, der sonst immer Wasser führt, versiegt plötzlich - sogar er! Elia bekommt einen zweiten Tip. Er geht daraufhin, in eine anderes Land. Dort trifft Elia auf eine Witwe. Für die Witwen gab es damals eine organisierte Versorgung durch die Familie, wo dies nicht gelang, wo sie alleine leben mussten (wie hier), waren sie sehr sehr arm, hatten als allein lebende Frauen automatisch einen zweifelhaften Ruf und waren gefährdet. Die Ärmsten der Armen. Er bittet sie um Wasser, vermutlich hatte er lange nichts mehr getrunken.  Ohne Murren, will sie ihm welches holen. Er bittet sie ihm gleich noch etwas Brot mitzubringen, da protestiert sie. Sie selber habe nur noch für eine Mahlzeit Essen da. Danach rechne sie mit dem Hungertod. Auch da geschieht, wie mit den Raben, wunderhaftes. Plötzlich reichen das Mehl und das Öl nicht nur für eine Mahlzeit, sondern sie werden nie mehr alle. Wunderhafte Hilfe Gottes. Elia, diese Frau und ihr Sohn werden versorgt mit dem Nötigsten, ein Versorgungswunder.  Gott sorgt für seine Leute und sogar für welche, die gar nicht dazu gehören. Auf überraschende Weise. In großer Not. 


Not durch Naturgewalten ist oft unberechenbar und unvorhersehbar. Sie war immer schwer gefürchtet. Sie ist eine Not, die an die Lebensgrundlagen der Menschen geht. An das Land, an die Früchte ihrer Arbeit, an ihre Wohnstätte. Sie ist eine Not, die plötzlich ihr Leben in Frage stellt. Die  traurige Opfer fordert. Die so manches und manchen verändert zurück lässt. 


Eigentlich ist das heute sonst ein eher fernes Szenario. Das findet weit weg statt. Früher in den alten Bibelgeschichten. Oder heute weit von uns von Australien oder in Bangladesch. Sonst. So hätten wir vielleicht noch vor einer Woche noch gesprochen. 


Der Bach Krit aus dieser Wundergeschichte. Ein kleiner unscheinbarer Bach mit vier Buchstaben. Menschen siedeln daran, weil sie da gut leben können. Sie wohnen seit langem dort. 


Der Bach Erft ist ebenso ein kleiner unscheinbarer Bach mit vier Buchstaben,  aber er entspringt in der Eifel. Die Erft ist ein 100 km langer Nebenarm des Rheins. Radwanderwege säumen ihr Ufer, Kajak-Paddlerinnen paddeln im Sommer gern den Fluß hinab. Menschen siedeln daran, weil man da gut leben kann. Sie wohnen seit langem dort. Und: die Erft wurde mehrfach verlegt und begradigt, um dem Braunkohletagebau zu weichen, bis heute werden ließen große Mengen Grubenwasser aus den Tagebauen in den kleinen Fluß gepumpt. Bald soll sie komplett denaturiert werden. Nun wurde sie aber erstmal Teil einer Katastrophengeschichte. Einer survival Geschichte. Einer Naturkatastrophe. In diesem Fall kein Dürre und Trockenheit, sondern viel zu viel Regen. So viel Regen, dass sie anschwoll und alles Land neben sich überschwemmte. Die Menschen kamen manchmal von einer auf die nächste Minute in große Not. Unberechenbar wurde der kleine Bach plötzlich. Zum Fürchten. Eine Notlage entstand über Nacht, die an die Lebensgrundlagen der Menschen geht. Die ihr Leben in Frage stellt. Die tragische Opfer fordert. Die so manches und manchen verändert zurück lässt. 


Die Bibel benennt solche Not ganz klar. Was Menschen widerfahren kann. Vorstellbares und Unvorstellbares. Das hier, in den letzten Tagen, gehört wohl eher zu dem Unvorstellbaren. Aber die Bibel beschreibt diese Dinge wenig ausführlich. Das ist nicht ihr Anliegen. Die Menschen wissen ja Bescheid mit der Not. Die Bibel beschreibt das, was dann passiert. Sie rückt den Fokus auf das Danach. Elia bekommt Nahrung und Wasser. Obdach. Es kümmern sich welche um ihn. 

An der Erft - jetzt gerade, wo wir hier zusammen sitzen - geschehen ebenso kleine Wunder.

Die, die da stehen mit einem Paar Sandalen und einer Küche voll Schlamm, die bangen um die Eltern - unerreicht im Nachbardorf, die nichts mehr haben als ein Shirt und eine Hose: die erfahren, dass ihnen geholfen wird. 

Jemand kommt mit seinem Bagger ungerufen und kostenlos und stellt die kaputte Straße wieder her, einfach so, oder kommt mit einer Pumpe und hilft das Haus leer pumpen.

Leute stehen vor dem verschlammten Haus, sie sind 100 km gefahren und haben Schaufeln und Besen mitgebracht,

„ich weiß0 gar nicht, wie die Leute heißen, sagt die Hausbesitzerin, sie sind einfach gekommen und helfen.

Einer kommt vorbei mit Packungen voll Trinkwasser, von sich aus. Ein Nachbar, der weniger stark betroffen ist, kauft den ganzen Supermarkt aus und brät für alle Betroffenen und Helfer:innen Würste. Umsonst.

Leute kommen von fern und nah und helfen Sandsäcke füllen. Völlig unbekannte bieten jemandem auf der Straße eine Schlafgelegenheit an. Eine österreichische Spezialgruppe trifft nach 14 Stunden Fahrt zum Helfen ein. 

Einer kommt mit Powerbanks zum Aufladen der Handys, damit man seinen Lieben sagen kann, dass man noch da ist. 

Menschen bringen Kleider und Schuhe, Decken und Handtücher, Hundefutter, Kinderspielzeug. 

Nachbarn, die sich bisher nur von ferne grüßten, stehen gemeinsam im verschlammten Grundstück eines Nachbars, den es schwer getroffen hat. Überall stehen sie vor den Häusern und sprechen einander Mut zu, sie eint das Schicksal, viel verloren zu haben, und die Nacht ohne Strom zu verbringen, ohne Toilette und Wasser. Und viele spenden, geben von ihrem eigenen Geld, damit andere wieder irgendwie unterkommen und weiter leben können. Meine Freundin Jane aus Kenia, die selber in großer Armut lebt, schreibt, dass sie für die armen Menschen im Hochwasser in Deutschland beten will.  Keiner weiß wie es weiter geht, aber so viele reichen einander die Hand. Ich finde, das ist ein Versorgungswunder in allem Elend dieses Geschehens. Zeichen von tiefer Menschlichkeit, denn: nein! wir haben das nicht verlernt. Liebe ist eine Art Himmelsgabe - in unsere Herzen geschenkt, damit wir lieben können. Sie ist stärker als eine Dürre. Sie ist stärker als ein Hochwasser. Sie ist stärker als Zerstörung und Tod. 


Sich jeden Sonntag an den Glauben zu erinnern

oder noch öfter;

Sich manchmal vergewissern, dass Gott noch da ist, bzw. meine Liebe zu Gott;

Dass da noch dieses Gefühl in mir da ist: 

einer ist da für mich, unsichtbar; 

Dass ich mit anderen zusammen bete;

Dass ich mit anderen Lieder singe von Gott;

Dass ich mich wieder und wieder erinnere;

dass es Gott gibt,  dass er mich nicht alleine lässt, 

was auch immer mir passiert….


- das sind die Raben meiner Dürrezeit.

- das ist der kreisende Rettungshubschrauber voller Mut

über meinen Ängsten.

- das ist das Brot der Geduld und Zuversicht, das mich Zeiten überbrücken lässt.

- das ist  das Rettungsboot das mich wieder auf festen Boden bringt und anderen die Hand reichen lässt.


Glaube ist handfest. 

Das habe ich an diesen beiden Geschichten gelernt. 

Gott sendet Raben und Brot, das DRK oder den Nachbarn, Pumpen und Strümpfe, einen der mit weint, eine die Kaffee kocht, welche die das kalte Essen mit mir teilen. 

Dank sei Gott. Amen.


Und der Friede Gottes, der höher ist als unsere Vernunft, 

der halte unsern Verstand wach und unsre Hoffnung groß 

und stärke unsere Liebe. Amen.




        Foto: Christof Stache 



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