Samstag, 1. Februar 2020

Bilder von Gott

Predigt im Februar 2020


„Hat jemand ein Foto von Jesus gemacht?“, fragt ein Freund montags in unsere Gruppe, nachdem wir mit neun Leuten das Wochenende zusammen verbracht hatten. Im ersten Moment bin ich irritiert. „Hat jemand ein Foto von Jesus gemacht?“ Was ist denn mit dem los? Dann muss ich lachen. Mir fällt wieder das etwas kitschige glitzernde Wackelbild von Jesus ein, das jemand angeschleppt (und gut sichtbar durch die ganze Stadt getragen) hatte und das niemand so wirklich schön fand oder gar mit nach Hause nehmen wollte. Aber trotzdem. Ich hätte gerne ein Bild von Jesus gemacht, denke ich. Vielleicht am ersten Abend, als wir uns erzählten, wie es uns so ergangen ist in den letzten Zeiten. Oder am Ende als wir uns gegenseitig lustige und traurige und vor Heiligkeit knisternde Texte vorlasen und danach zur Musik von Sting das Brot miteinander brachen. Ich denke, dass Gott da war. Aber ein Foto habe ich nicht.  Auch nicht von Gott, wie er bei uns saß vor einigen Tagen, hier bei uns in der Kirche zur Trauerfeier. Wie er da mitten neben euch saß, einen Flügel auf eurer Schulter. Ich denke, dass er da war.  Aber ein Foto habe ich davon nicht.

Einige Zeit nach Jesu Tod gab es einen, der konnte mehr von Gott hören und sehen als wir uns vorstellen können. Er heißt Johannes.  Weitab von seinen Freunden muss er auf einer Insel leben. Abgeschnitten vom Leben. Vielleicht unsicher, wie es weiter geht mit ihm. Er ist dem Himmel nahe. So oder so. Und es haut ihn richtig um. Wie nahe Gott ihm ist. Welche Kraft darin steckt. Und gleichzeitig ist es so geheimnisvoll, kaum zu beschreiben. Er konnte auch kein Bild davon machen. Aber er hat es für seine Freunde aufgeschrieben:

„Ich, Johannes, euer Bruder, teile mit euch die Bedrängnis und die Hoffnung auf Gottes neue Welt und die Standhaftigkeit, die Jesus uns schenkt. Ich wurde auf die Insel Patmos verbannt, weil ich die Botschaft Gottes verkündet habe, alles, wofür Jesus als Zeuge einsteht. Am Tag des Herrn nahm der Geist Gottes von mir Besitz. Ich hörte hinter mir eine laute Stimme, die wie eine Posaune klang. Sie sagte: »Schreib das, was du siehst, in ein Buch, und schicke es an die sieben Gemeinden in Ephesus, Smyrna, Pergamon, Thyatira, Sardes, Philadelphia und Laodizea!« Ich wandte mich um und wollte sehen, wer zu mir sprach. Da erblickte ich sieben goldene Leuchter. In ihrer Mitte stand jemand, der aussah wie der Sohn eines Menschen. Er trug ein langes Gewand und hatte ein breites goldenes Band um die Brust. Sein Kopf und sein Haar strahlten wie weiße Wolle, ja wie Schnee. Seine Augen brannten wie Flammen. Seine Füße glänzten wie gleißendes Gold, das im Schmelzofen glüht, und seine Stimme klang wie das Tosen des Meeres. Er hielt sieben Sterne in seiner rechten Hand, und aus seinem Mund kam ein scharfes, beidseitig geschliffenes Schwert. Sein Gesicht leuchtete wie die Sonne am Mittag. Als ich ihn sah, fiel ich wie tot vor seinen Füßen zu Boden. Er legte seine rechte Hand auf mich und sagte: »Hab keine Angst! Ich bin der Erste und der Letzte. Ich bin der Lebendige! Ich war tot, doch nun lebe ich in alle Ewigkeit. Ich habe Macht über den Tod und die Totenwelt. Schreib alles auf, was du soeben gesehen hast und was dir noch offenbart wird über die Gegenwart und über das, was in Zukunft geschehen wird. Du siehst die Sterne in meiner rechten Hand und die sieben goldenen Leuchter. Ich sage dir, was sie bedeuten: Die sieben Sterne sind die Engel der sieben Gemeinden und die sieben Leuchter sind die Gemeinden selbst.«

„Hat jemand ein Foto von Jesus gemacht?“ hatte der Freund gefragt und ich habe ihm dann doch eines geschickt. Von dem Raum, in dem wir 2 Tagen zusammen waren und von den leeren Stühlen - bevor wir drauf saßen und uns zuhörten. Und ich denke an die Fotos einer Freundin. Sie macht Fotos von ihren Kopfkissen in Tagungshäusern, wo sie sehr oft auf Dienstreise, sozusagen immerzu in der Fremde ist. Vielleicht sind das auch Bilder von Gott, weil er in den Träumen ist und nahe bei ihrem Kopf wenn sie schläft. Und ein anderer Freund macht manchmal abends im Dunkeln auf seiner Abendrunde durchs Dorf  Bilder von seinem Haus aus dem das Licht leuchtet. Vielleicht sind es Fotos von seinem Haus, in dem Gott wohnt. 

Seinen Freunden, die in tiefer Bedrängnis sind, in Unsicherheit, Verfolgung, die manche Tage viele Tränen vergießen und tausend Seufzer und Angst haben, schickt Johannes ein Bild aus Worten. Seine Worte malen Bilder. Von Leuchtern und einem, der Sterne in der Hand hält und der Licht mit sich bringt. Die Leuchter stehen für die Orte, in denen die Freunde leben und da - mittendrin steht einer. Stark. Lichtvoll. Sterne in der Hand. Für Menschen am Rande ihres Vermögens, für welche wo der Alltag wie ein Durchzug durch die Fenster jagt, für welche, deren Angst vor den anderen mit ihnen davon galoppiert, schickt er ein Bild das ihnen ein stetes Licht zeigt - nicht fern, sondern direkt da wo sie sind. Und er zeigt ihnen seinen eigenen Trost. Wie er selbst zu Boden fiel und Gott ihn berührte und ihn aufrichtete:

„Er legte seine rechte Hand auf mich und sagte: »Hab keine Angst! Ich bin der Erste und der Letzte. Ich bin der Lebendige! Ich war tot, doch nun lebe ich in alle Ewigkeit.“

Wenn du es brauchst, wird er da sein…
„Über dir geht auf der Herr
und seine Herrlichkeit erscheint über dir.“

Eines Tages geht es dir auf
dass er über dir ist
wie der Himmel
blau und weit
dass er über dir ist
wie Luftwirbel und sanfte Brisen
dass er über dir ist 
wie des Weltraums ewige Weiten
unendlich 
Eines Tages geht es dir auf
dass er über dir ist
wie etwas 
ohne das du nicht sein kannst

Mach doch mal ein Bild von deinem Haus im Dunkeln, wenn die Fenster leuchten oder von deinem Kopfkissen am Morgen, da wo dein Kopf lag mit all den Gedanken
oder eines von dem Raum, wo ihr neulich erst zusammen gesessen habt. Ich denke, dass Gott da war. Amen.


Und der Friede Gottes, der höher ist als unsre Vernunft, der halte unsern Verstand wach und unsre Hoffnung groß und stärke unsre Liebe. Amen



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