Donnerstag, 6. Juni 2019


KRIEG I


Wir haben den Krieg gewonnen!
Hat der Typ zu mir gesagt. 
Bitter schiebt er seinen Kiefer vor.
Aber nicht mit mir!
Setzt er nach.
Nicht mit mir!
Er schüttelt seinen rechten Zeigefinger.






Welchen Krieg?
Fragte ich ihn damals.
Die Frage hat der wirklich nicht verstanden. 
Es war 89. 
Oder 90.
Im Frühjahr.
Ich hatte studiert.
Ich war extra auf der Offiziersschule gewesen.
Und dann kamen welche,
jünger, unerfahren, unorganisiert.
Die tippten mir mit dem Zeigefinger auf die Brust.
Wir wären ungeeignet.
Sie bekamen die hohen Ränge.
Sie stiegen auf und machten hier Karriere.
Wir waren nur die Fußabtreter der Geschichte.
Meinen Kumpels ging es allen so.
Studiert. Berufserfahrung. 
Das hat keiner gewürdigt.
Hämisch sagte der Vorgesetzte zu mir:
Wir haben den Krieg gewonnen.
Und in meinem inneren Auge 
sah ich die Demos und die Kerzen.
Die Kommunisten haben es nicht geschafft mich zu brechen
dachte ich
und ihr schafft es auch nicht.

Und nochwas.
- Also so richtig kirchlich bin ich nicht,
nicht dass Sie da was Falsches denken -
Die haben versucht mich umzukrempeln.
Alle.
Aber den letzten Strohhalm,
den habe ich mir immer behalten:
Aus der Kirche bin ich nicht raus.
Das war mein Strohhalm. 
Was glauben Sie, was der gehalten hat!
Und was ich deswegen aushalten musste.
Aber wenn ich den nicht gehabt hätte….

Ich bin ja nicht so kirchlich,
sagt er nochmal zu mir,
aber diesen kleinen Stein 
habe ich gerade hier auf den Altar gelegt.
Als Gebet.
Vielleicht hört er ja doch
und macht mich wieder gesund
und ich gewinne 
diesen den Krieg hier. 




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