Donnerstag, 28. Februar 2019

Das hatte sie sich so ausgesucht. Schwarz und Gold. Aber vor allem Gold. Die Bluse hatte in der Mitte einen breiten goldenen Streifen und an den Seiten schwarz - goldene Ornamente. Schimmernd lag sie nun so im Bett. Blass. Zurecht gemacht von der liebsten Tochter. Eine Orchidee in den gefalteten Händen. Blümchenbettwäsche um sich herum gesteckt. Zaghaft kamen sie alle ins Schlafzimmer. Die Kinder und Enkel, die Nachbarn. Eine Kirche gab es nicht in dem kleinen Dorf. Der Friedhof lag im Nachbarort. Sie würde diesen Ort nachher für immer verlassen. „Ich hebe meine Augen auf zu den Bergen…“ las die Pfarrerin. Und betete als erzählte sie mit Gott. Was heute passiert war. Auch von Marlies, die da lag, betete sie. Und vom Kummer um sie. Ebert saß daneben. 58 Jahre waren sie verheiratet. Er weinte nicht. Er nickte. Nur beim Lied, da hatte er Tränen. Wie sie alle so da standen in seinem Schlafzimmer und sangen „in dein Erbarmen hülle mein schwaches Herz…“ Er sang zaghaft, mit gebrochener Stimme, der Nachbar etwas schief, die Schwägerin hell und klar. Sie sangen einfach alle mit. So hatte die Mutter immer alle zusammen gehalten. Im Dorf und in der Familie. Und so sollte sie jetzt verabschiedet werden. Zusammen von allen. Goldig schimmernd lag sie in der Mitte. Strahlend zartes Gotteskind. Und über ihr, über dem alten Ehebett, ein Bild: Jesus. Viel Sonne. Goldene Ähren. Und Jesus hebt segnend die Hände. Jede Nacht. Warm legt die Pfarrerin die Hände auf den Kopf von Marlies. Es duftet nach dem Salböl. Blumig - würzig. So war ihr Leben. Gesegnet. Gold dazwischen. Das hatte sie sich so ausgesucht. 




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