Sonntag, 26. August 2018

Ich bin getauft auf deinen Namen


Sie haben den Tisch gedeckt. Mit den alten Sammeltassen. Orangene Blüten schimmern neben blassblauen Streifen und grünen Wolken mit Goldrand. Den Kaffee haben sie in der Porzellankanne aufgegossen. So ist es üblich bei der Mutter. Nur der Vater wird Tee trinken. Seine leicht verbeulte Blechkanne steht in der Mitte. Sie sieht aus, als wäre sie schon mit auf einem Feldzug gewesen. Aber er nimmt sie eben so gerne. Süß duftet der Hefekuchen mit den frisch geernteten Pflaumen. Leise klappern die Tassen. Sie erzählen Geschichten. Wie die Mutter den Vater zur Hochzeit bewegte und wie sie immer zu Weihnachten Siebenerlei aßen. Gleich neben dem Tisch steht das Bett von Elisabeth. Ihr Kinn haben sie mit ihrem alten Kopftuch hochgebunden. Mit dem Mittagsläuten hat sie die Augen für immer geschlossen. Sie haben zusammen gebetet. Den Psalm 23. Und gesungen. Die Pfarrerin hat liebevoll die Hände auf das weiße Haar gelegt zum Segnen. Nun sitzen sie beim Kaffe wie immer. Elisabeth ist noch dabei. Immer mal tupft sich der ein oder andere eine Träne aus dem Augenwinkel und Alfred schnaubt laut in sein Taschentuch. Abschied nehmen hat seine Zeit. Beim Gehen wird einer der Söhne nachdenklich sagen, die Aussegnung sei wunderschön gewesen. Wie eine Taufe. Tage später schon werden sie mit all den anderen aus dem Dorf in der Kirche sitzen und genau sieben Kerzen entzünden für all die geschenkten Lebenswege im Leben von Elisabeth. Die erste Kerze werden sie zuletzt anzünden.  Die Kerze, die für ihre Taufe steht. Denn Elisabeth ist noch einmal umgezogen in ein neues Leben. Wie damals mit ihrer Taufe. Und einen Tag später wird die Gemeinde im Sonntagsgottesdienst wie immer die Familie in ihr Gebet aufnehmen. Die zarte Kerze für Elisabeth, die sie später auf den Friedhof tragen werden, wird zwischen einem dutzend Taufkerzen der Kinder stehen. Im Lichtermeer der Getauften. 


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