Predigt zum 3. Advent in Stendal
Was sollen wir tun?
…in persönlichen, weltweiten, regionalen, kirchlichen Veränderungen, Krisen, Umbrüchen.
Was sollen wir tun ?
…auf dem Weg mit uns selbst, mit unserer Unzufriedenheit, fehlender Selbstliebe, in Unruhe.
Was sollen wir tun?
… mit dem adventlich-blinkenden elektrischen ‚Licht der Welt‘ vor dem Fenster und noch so viel Sehnsucht übrig.
Was sollen wir tun?
.. in Fragen, die wir noch nie hatten und Wegen, die wir nicht kommen sahen und Ungewissheit.
Was sollen wir tun?
Das sind Worte, die in der Wüste fallen.
Was sollen wir tun, Johannes? fragen ihn die Leute.
Immer wieder.
Die Leute, die Zöllner, die Soldaten fragen.
Der Alltag, das Geld, der Krieg fragt.
Die Zweifel, der Wohlstand, die Gewalten fragen.
Was sollen wir tun?
Fragen, die in der Wüste fallen. Echte Fragen. Lebensdringlich.
In der Wüste, in der Johannes steht und mit den Leuten redet, die etwas finden an seiner Art zu glauben: nämlich, dass sich Menschen und die Welt wirklich ändern können.
„Umkehr“ ruft Johannes. Er ruft es in alle Richtungen.
Das Hohe soll flach und das Tiefe soll erhört werden, das Krumme gerade, das Holprige eben in Deinem Leben. Das mühsalwilde in Deinem Kopf soll zur lichten Ruhe werden, das grundtraurige Deiner Tage zum hellen Gesicht, das Du in den Himmel hältst. Umkehr. Zum Besseren. Es ist möglich.
Die wenig haben sollen bekommen und die Macht haben, sollen vorsichtig damit sein. Umkehr. Zum Besseren. Möglich.
Worte, die in die Wüste fallen.
Die Wüste ist ein Ort, der inneren Leere und Suche.
Sie ist ohne Orientierung nicht zu bewältigen. Sie ist ein Ort, wo Du unbedingt finden musst. Alle kennen Wüstenzeiten. Fragen. Abschiede. Unglücklich sein. Einsamkeit. Die Welt kennt Wüste: Gleichgültigkeit, Gewalt, Verschwendung, Vergessen, Armut heißt sie da.
Was sollen wir tun? fragen die Menschen Johannes, der gekommen ist, um Jesus den Weg vorzubereiten. Eine innere Vorbereitung auf was ganz Großes. So wie Advent. So wie Heil sein. So wie erlöster sein. Umkehr. Zum Besseren. Möglich.
Nur der Ton, der Ton ist ungewöhnlich. Man stelle sich vor, ich würde Dir von dieser Umkehr erzählen wollen. Ich würde es schon freundlich machen. Ob ich Dich vielleicht überzeugen kann, dass Plätzchenbacken und Kränze binden nicht alles sind, dass es nicht reicht, sich dem Christsein zugehörig zu fühlen, dass in inneren Wüsten Antworten warten und dass das Evangelium Klarheit von Dir verlangt, dass es nur stattfindet, wenn es sichtbar ist an unserem veränderten Menschsein. So viel hängt da dran. Am Getauftsein. So viel Echtsein, dass wir Dinge zum Besseren wenden wollen. Und daran glauben.
Willst Du nicht mal? würde ich fragen. Wär schon gut. Findest Du nicht auch ein stückweit? Denke doch mal drüber nach.
Nicht so Johannes. Ihr Schlangenbrut. Ihr Spinner! schreit er die Leute an, die gekommen waren, um sich taufen zu lassen. Eine Stimme ruft in der Wüste: Mach den Weg bereit für den Herrn, ebnet ihm die Straße. Und Ihr, Ihr Scheinheiligen. Kommt endlich aus dem Knick. Aus der Wüste musst Du hinaus wollen wieder zum frischen Wasser des Lebens. Geh!
Im Normalfall würde ich bei so einem Typ gehen.
Ich wäre raus. Will die Leute gewinnen und taufen und brüllt sie erstmal zurecht. Johannes!!? Komisches Konzept!
Und dann sehe ich doch mich, uns. So manches Mal verzagt. Eigene Veränderungen hinausschiebend. Vertröstend. Halbherzig. Zaghaft. Niemand auf den Schlips treten. Keinen verstimmen. Immer alle mitnehmen. Ich sehe meine inneren Fähigkeiten, mich selbst auszutricksen, wenn es darum geht, einen ersten Schritt zu tun oder endlich etwas zu beenden, einzuschreiten, die Wahrheit zu sagen, nicht im Selbstmitleid zu stranden in einer Wüste.
Was sollen wir tun?
„Es ruft eine Stimme:
In der Wüste bereitet dem HERRN den Weg,
macht in der Steppe eine ebene Bahn unserm Gott!
Siehe, da ist Gott der Herr! Er kommt gewaltig, und sein Arm wird herrschen.“ (Jes 40,3.10, Wochenspruch 3. Advent)
Und mir fällt auf, wie dringlich so vieles in der Bibel formuliert ist. Damit sich für mich was ändern kann. Über Jesus prangt wie ein Ausrufezeichen ein Stern.
Und so wandert nur mit allen der Ausrufezeichen- Stern der Gotteshuld. Beglänzt von seinem Lichte hält euch kein Dunkel mehr. Wort, die in jede Wüste fallen, Worte zum Auswandern aus allen Wüsten. Worte für die, die Wege bereiten, sich und anderen und Gott. Worte die Dich bewegen wollen. Amen.
Und der Friede Gottes, der höher ist als unsre Vernunft,
der halte unsern Verstand wach und unsre Hoffnung groß
und stärke unsre Liebe.